Wenn Du bislang – aus welchem Grund auch immer – noch nicht auf eigene Faust gereist bist, fragst Du Dich vielleicht, wie man eigentlich einen Reiseplan erstellt.
Natürlich kann man es so machen wie Freunde von mir: die buchen sich einen Flug und eine erste Unterkunft, und dann schauen sie mal, wie es ihnen gefällt. Wenn sie lieber im Café sitzen wollen statt Besichtigungen zu machen, dann setzen sie sich ins Café. Wenn es ihnen an einem Ort gut gefällt, bleiben sie eine Nacht länger. Oder auch zwei oder drei.
Grundsätzlich würde ich am liebsten auch so reisen. Aber meist kommen einem ja doch Einschränkungen in den Weg: irgendwann muss man halt wieder zur Arbeit oder sonst wo erscheinen. Oder das Budget ist knapp, so dass ein überdurchschnittlicher, weil spontaner Übernachtungspreis halt einfach keine Option ist. Ein Faktor für mich ist auch immer die Dauer der Anreise. Ich kann den Ort in einigen Stunden mit dem Zug erreichen? Das ist was anderes, als wenn er einen Langstreckenflug entfernt ist.
Aber wie plane ich jetzt am besten eine Reise?
1. Finde Dein Traumreiseziel
Erste Frage: Was willst Du denn eigentlich? Strand? Kultur? Abenteuer? Eine Mischung? Urlaub, wie Du ihn schon kennst, nur auf eigene Faust? Oder was ganz anderes?
Zweite Frage: In welchem Land findest Du, was Du suchst?
Ich habe immer eine Liste mit möglichen Reisezielen im Kopf und warte darauf, dass eines davon präsenter wird. Manchmal gibt es ein konkretes Erlebnis (nach Lektüre eines Zeitungsartikels war klar, ich muss nach Ruanda, und zwar dringend), manchmal ist das Land einfach plötzlich im Bewusstsein.
Diese Liste kommt natürlich daher, dass ich mich viel mit dem Thema Reisen beschäftige und immer gerne etwas über mir unbekannte Länder erfahre. Ich lese keine Reiseführer auf Vorrat, aber den Reiseteil der Zeitung. So habe ich dann eine zumindest vage Vorstellung davon, was mich in dem Land erwarten könnte.
Gleich eine Weltreise?
Inzwischen liest man ja ständig von Weltreisen. Gefühlt jeder fährt in 12 Monate um die Welt, verbringt sechs Monate in Südamerika, faulenzt drei Monate lang an philippinischen Stränden. Das ist dann schon Reisen 2.0. Wenn Du noch gar keine Erfahrung in der Organisation und Planung von Reisen hast, würde ich empfehlen, mit einem Land anzufangen, das nicht so weit weg ist und über eine gute (touristische) Infrastruktur verfügt. Du möchtest auf eigene Faust wandern? Dazu musst Du nicht gleich bis nach Patagonien fahren. Du kannst auch in den Dolomiten oder Spanien anfangen. Du möchtest Asien kennenlerne? Zum Einstieg bietet sich zum Beispiel Thailand an. Da gibt es sehr ausgelatschte Pfade, und auch Regionen, in die sich nicht so viele Touristen verirren.
2. Informier Dich über Dein Reiseziel
Als erstes lese ich immer die Reisehinweise des Auswärtigen Amts. Gerade im Hinblick auf die Sicherheitslage sowie Einreisebestimmungen sind die im Zweifel wesentlich aktueller als ein vor drei Jahren geschriebener Reiseführer. (Wenn Du nicht mit einem deutschen Pass reist, sieh Dir bitte auch die Infos an, die für das Land gelten, dessen Staatsangehörigkeit Du hast. In Sachen Einreise gibt es manchmal erhebliche Unterschiede.)
2019 saß ich am Flughafen Hanoi und wartete etwa eine Stunde lang darauf, mein Visum zu erhalten. In dieser Zeit kamen ständig neue Reisende hinzu, und öfter hörte ich so Dinge wie „Worauf wartet ihr hier? Visum? Man braucht ein Visum? Was kostet das? Und die nehmen nur US-Dollar, keine Euros? Keine Kreditkarten? Oh.“ Aus meiner Sicht ist das etwas, was man sich ersparen kann. Es wartet schon genug Aufregung im Land selber.
Infos aus Blogs & Instagram
Als schier bodenlose Informationsquelle drängt sich natürlich das Internet auf, wo es ja zu fast jedem Reiseziel eine Vielzahl von mehr oder minder hilfreichen Blogs und Instagram-Konten gibt. Da musst Du dann selber entscheiden, was Dir wichtig ist. Nur weil ein Blog behauptet, die Highlights aufzulisten, die man gesehen haben muss, heißt das ja noch lange nicht, dass diese Highlights auch Deine Highlights sind. Der Veganer, der ins hochgelobte Steakhouse geht, wird auch enttäuscht sein von der Speisekarte.
Ein weiterer Effekt gerade von Instagram ist leider, dass manche Reisende solche „10 beste…“-Listen abarbeiten. Dadurch bilden sich an bestimmten Orten mitunter lange Schlangen, weil jede/r das Foto machen will. Stichwort „Insta vs. Reality“. In letzter Zeit habe ich ohnehin zunehmend das Gefühl, dass Fotos Erlebnisse schlagen. In Georgien war ein Guide völlig baff, als ich sagte, ich sei drei Wochen lang im Land. Sehr viele seiner Gäste schienen Armenien, Georgien und evtl. Aserbaidschan in wenigen Tagen „runterzureißen“. Sehr bedauerlich.
Der Vorteil ist natürlich, dass sich der „Traffic“ um das eine Highlight konzentriert. Wenn der Möchtegern-Influencer dann zum nächsten Programmpunkt weiterhechelt, hast Du Gelegenheit, Dich in Ruhe etwas weiter umzusehen. So war es an der Georgischen Heeresstraße recht voll (weil Tagesausflug von Tbilisi), während es in Kazbegi und Swanetien deutlich weniger trubelig war.
Infos aus Reiseführern
Klassische (gedruckte) Reiseführer stellen einem im Idealfall kompakt zur Verfügung, was man sich sonst mühsam selber zusammensuchen muss. Häufig allerdings auch nicht mehr, habe ich in letzter Zeit vermehrt festgestellt. Ich würde immer in der Buchhandlung verschiedene Reiseführer ansehen, statt einfach den erstbesten zu kaufen. Es gibt inzwischen einige Reihen, die sich auf Individualreisende spezialisiert haben. Die Qualität des jeweiligen Buchs steht und fällt natürlich mit dem/ der Autor:in.
Am meisten nervt mich bei gedruckten Reiseführern der Platz, der für Hotels und Restaurants draufgeht. Seit dem Zeitpunkt der Recherche kann sich da wahnsinnig viel geändert haben, zum Guten wie zum Schlechten. Unvergessen auch die zahlreichen Geschichten von Unterkünften und Restaurants, die sich die Hände rieben, weil sie nun endlich in der bekannten Traveller Bibel gelistet waren. Die Qualität sank ins Bodenlose, die Gäste kamen trotzdem dank der schriftlichen Empfehlung.
Infos von Reiseveranstaltern
Grundsätzlich eine interessante Informationsquelle können auch Gruppenreisen von Veranstaltern sein. Hier bekommt man einen guten Überblick, was zu den touristischen Highlights des Landes bzw. der Region zählt und was man in welcher Zeit „schaffen“ kann. Dabei muss man natürlich bedenken, dass es einen Unterschied macht, ob man sich nach einer Besichtigung in einen wartenden Reisebus setzt oder ob man öffentlich reist und somit an Abfahrtszeiten gebunden ist. Ich persönlich finde solche Touren auch häufig zu straff durchgetaktet und plane lieber etwas mehr Zeit ein.
3. Der erste Reiseplan
Du weißt, wohin Du willst und wie viel Zeit Dir zur Verfügung steht. Du hast gelesen und recherchiert und dadurch eine Ahnung, was Du gerne sehen und erleben möchtest auf Deiner Reise. Also machst Du jetzt einen Plan.
Ich benutzt dafür klassisch eine Excel-Tabelle, aber ein Blatt Papier tut es auch. Ich schreibe mir zunächst die genauen Daten und Reisetage auf. Dann befülle ich die Tabelle mit Stichworten: Wo will ich sein, wie lange will ich dort bleiben, was will ich dort machen? Wie komme ich zum nächsten Ziel? Und so weiter.
Meist merke ich dann schnell, dass ich ungefähr doppelt so viel Zeit brauche, wie mir zur Verfügung steht. Also: mehr Tempo oder Sachen weglassen. Schwierig.
Wenn Du nicht einfach auf gut Glück herumgondeln möchtest, hilft eine solche Liste auch beim reality check. Sind die Pläne überhaupt realistisch? Sind sie logistisch umsetzbar? Wenn z.B. der einzige Bus am Tag morgens um 7 Uhr fährt, musst Du gegebenenfalls Deine Pläne ändern oder Dich um einen alternativen Transport kümmern. Auch ich musste mir eingestehen, dass ich es nun wirklich nicht in zwei Wochen schaffen würde, Kuba (Länge über 1.250 km) von West nach Ost und wieder zurück zu durchqueren und dabei noch diverse Besichtigungen und Unternehmungen zu absolvieren. Naja, es hat dann sowieso fast die ganze Zeit wie aus Eimern gegossen.
4. Wo soll ich nur übernachten?
Unfassbar, was sich da in den letzten Jahren getan hat. Bei meinem ersten Aufenthalt in Hong Kong (2005) habe ich mir mein Hotel noch aus dem Katalog gebucht. Es gab zwar schon Buchungsseiten im Internet, die sahen aber alle etwas suspekt aus. Abgesehen davon war der Katalogpreis sehr attraktiv, und ich bekam noch eine kostenlose Stadt- und Hafenrundfahrt dazu. Good times!
Heute ist ja quasi jede Familienpension online, und dank der allgegenwärtigen reviews weiß man auch gleich, woran man ist. Hier würde ich mich wieder fragen, was mir wichtig ist. Du musst nicht unbedingt ein 5*-Hotel buchen, nur weil Du im Ausland bist. Ich persönlich brauche keinen großen Luxus, aber Sauberkeit ist mir wichtig. Ebenso Ruhe. Ich würde also niemals das Hostel buchen, das überall Topbewertungen bekommt, weil da immer so tolle Parties laufen.
Je nachdem, wie Du Dich fortbewegst, wird die Lage der Unterkunft von großer Bedeutung sein. Für ein konsistentes Servicelevel gehst Du am besten in ein Hotel der gehobenen Kategorie. Wenn Du Deine Ruhe und eine großzügigere Ausstattung (Küche zur Selbstversorgung!) haben willst, kann sich eine Ferienwohnung anbieten; wenn Du andere Reisende kennenlernen und Tipps haben möchtest, bist Du wahrscheinlich in einem kleineren Hotel oder Gästehaus am besten aufgehoben.
Mitunter kann es auch so sein, dass sich Unterkünfte mittleren Niveaus hauptsächlich an Einheimische richten. Dies kann zu Problemen bei der Verständigung führen, wenn Du nicht die Landessprache beherrscht. Das war zum Beispiel in China so, wo Englisch eigentlich nur in 5*-Hotels und in Hostels/ Gästehäusern gesprochen wird.
5. Was kostet mich so eine Reise?
„Wie kannst Du Dir das eigentlich leisten?“ wurde ich regelmäßig gefragt, als ich anfing zu reisen. Antwort: Reisen muss nicht teuer sein. Klar sind einige Länder wesentlich teurer als andere, aber vieles hast Du selber in der Hand.
Übernachtung
Wenn Du nur in Luxushotels übernachtest, zahlst Du natürlich mehr als in einem Gästehaus. Auch hier helfen die einschlägigen Buchungsseiten im Internet. Bei der Vorbereitung meiner Island-Reise (hier Details zur Reiseplanung) habe ich beispielsweise zunächst aufgeschrieben, was ich sehen möchte, und darauf aufbauend eine grobe Route geplant. Dann habe ich ein willkürliches Datum genommen und geschaut, ob da eigentlich noch bezahlbare Zimmer zu haben sind. Denn nachdem ich bei einzelnen Hotels Zimmerpreise ab 350 € pro Nacht gesehen hatte, war klar, die Reise muss durchgeplant sein. Du siehst an den Preisen auch schnell, ob gerade eine große Veranstaltung geplant ist (Konzert, Messe, Fußballspiel etc.), sofern Du so etwas lieber vermeiden möchtest.
Essen & Trinken
Auch Mahlzeiten wirken sich erheblich auf die Gesamtkosten aus. In Reiseführern, auf Google Maps und/ oder Websites von Restaurants kannst Du Dir einen grundsätzlichen Eindruck vom Preisniveau verschaffen. Wenn dieses so hoch ist, dass es Deine Reisekasse sprengt, kannst Du überlegen, ob es immer ein Restaurant sein muss. Häufig kannst Du Dich auf Märkten oder in Supermärkten gut und natürlich wesentlich günstiger verpflegen. Stichwort Island: in einem Land, wo man für einen Snack so um die 10 € und für ein Hauptgericht im Restaurant ab 30 € bezahlt, fiel die Entscheidung für selbstgeschmierte Sandwiches leicht.
Einen großen Unterschied macht es übrigens auch, ob Du Alkohol trinkst. Eine Freundin von mir fiel fast in Ohnmacht, als sie feststellte, dass das günstigste Bier an der Hotelbar in Helsinki 11 € kosten sollte (0,2 l). Sie hatte ganz spontan keinen Durst mehr.
Ausflüge & Aktivitäten
Bei Ausflügen zahlst Du fast immer mehr, wenn Du die erste Option buchst, die Dein Hotel Dir anbietet. Ich kann mich an nur zwei Fälle erinnern, wo das Hotel günstiger war. Ein Hotel in Usbekistan schlug sogar fast 200% auf den offiziell festgelegten Preis, den der Guide erhielt. Je nach Land bietet es sich (schon aus Sicherheitsgründen) trotzdem an, einen Ausflug bei einem offiziellen Veranstalter zu buchen statt bei dem Fahrer, der Dich auf der Straße anspricht. Informier Dich genau, was im Preis inbegriffen ist. Wenn Du einen luxuriösen Bus und ein üppiges Mittagessen haben möchtest, wird das natürlich teurer. Überleg Dir aber auch, ob der Preis realistisch ist. 10 € für eine ganztägige Stadtrundfahrt mit Fahrer, Guide und Mittagessen? Das kann sich nicht rechnen, und Du wirst wahrscheinlich viel Zeit mit „spontanem“ Shopping verbringen.
Tief durchatmen und los!
Die Route passt, die Kosten auch? Auf geht’s!
Wenn Dir die Aussicht, demnächst auf eigene Faust unterwegs zu sein, jetzt Angst macht, dann ist das völlig in Ordnung. Individuelles Reisen ist durchaus ein skill, den man erstmal erlernen muss.
Versuche zu ergründen, was genau Deine Befürchtungen sind und woher sie kommen. Liegt es nur daran, dass Dir gesagt wird oder wurde, Du kannst das nicht (obwohl Du es noch nie probiert hast)?
Nochmal: ja, man muss es auch erstmal lernen, alleine unterwegs zu sein. Aber man kann es lernen, das ist kein Hexenwerk. Wenn Du Dir unsicher bist, fahr erstmal ein paar Tage lang selbstorganisiert in Deutschland (oder wo auch immer Du lebst) weg. Such Dir zwei oder drei Orte, die Du schon lange mal besuchen wolltest, wo Du aber niemanden kennst, und bastele Dir eine kleine Reise zusammen. So kannst Du Dich langsam an die Sache herantasten.
Bon voyage!
Schöner Artikel, in dem ich mich auch wiederfinde. Ich reise zwar nicht alleine, aber grundsätzlich NUR selbstorganisiert – und nach Möglichkeit, ohne in Hotels übernachten zu müssen. Auf Alkohol kann ich auch verzichten – vor allem in den nordeuropäischen Ländern;-)