5 Gründe, warum ich es liebe, auf eigene Faust zu reisen

Klar, Reisen auf eigene Faust ist stressig, man muss so viel vorbereiten, man kann so viel verbocken, und wenn was schief geht, ist man selber schuld. Trotzdem möchte ich es nicht missen, denn aus meiner Sicht überwiegen die Vorteile ganz klar.

Wer nur am Strand liegen und drei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen möchte, ist mit einer klassischen Pauschalreise hervorragend bedient. Sobald Du aber mehr Zeit in einem Land verbringen möchtest oder Deine eigenen Interessen über das Abhaken der touristischen Highlights hinausgehen, kommst Du um eine individuelle Reise kaum noch herum. Du entscheidest, wann Du fährst, wohin und mit wem und was Du dort machst. Das öffnet Tür und Tor für ganz besondere Erlebnisse.

Aber: Unter bestimmten Umständen reise auch ich in der Gruppe.

1. Ich packe meinen Koffer…

… und entscheide ganz alleine, was ich mitnehme.

Hier kommen zwei für mich wichtige Themen zusammen: Autonomie und Planung.

Klar habe ich bei einer individuellen Reise mehr Autonomie als z.B. in einer Reisegruppe. Das beginnt schon bei den Reisedaten, geht weiter mit der Route und berührt natürlich insbesondere persönliche Interessen. Ich kann meine eigenen Vorstellungen 1:1 umsetzen.

„Aber wer organisiert Dir das alles?“ mag manch eine(r) fragen. Natürlich ich selber! Ich plane und organisiere grundsätzlich gerne und Reisen nochmal lieber. Für mich ist die Reiseplanung eine Bereicherung und schon der erste Teil des Urlaubs. Auch die zusätzliche (intellektuelle) Herausforderung durch das Jonglieren mit Daten, Orten und Aktivitäten finde ich super. Wenn Du Dich fragst, wie man mit einer solchen Planung überhaupt anfängt, schau Dir gerne meine fünf Tipps an. Dir ist eher mulmig bei dem Gedanken? Ich habe auch etwas zu Reiseangst geschrieben.

2. Reisen auf eigene Faust gibt mir größere Flexibilität

Grundsätzlich plane ich meine Reisen sehr gründlich. Aber das ist nur ein Gerüst, das mir hilft, mich unterwegs selber zu organisieren. Denn das Schöne an einem Plan ist ja auch, dass man ihn wieder ändern kann. Wenn ich auf eigene Faust unterwegs bin, kann ich mehr auf mich achten. Ich kann aufstehen, wann ich will; essen, wenn ich Appetit verspüre; ansehen, was mich interessiert. Ich kann etwas ganz anderes machen als geplant, weil das Wetter umschlägt oder ich jetzt ins Café statt ins Museum gehen möchte. Und wenn ich mal meine Ruhe brauche, kann ich mir auch die gönnen, ohne dass jemand anderes darunter leiden muss. Für mich führt das insgesamt zu einer größeren Reisezufriedenheit. Und darum geht es ja im Endeffekt – etwas Schönes erleben und Erinnerungen sammeln, nicht ein fertiges Programm abarbeiten.

3. Ich habe individuellere Begegnungen

Wenn man in einer Gruppe reist, muss man sich natürlich der Gruppe anpassen. Da bleibt wenig Spielraum, auch einmal spontan mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Ist ja auch klar – es gibt schließlich ein Tagesprogramm, das zu absolvieren ist.

Natürlich kann es auch ganz angenehm sein, einfach nur hinter einem Guide herzulaufen, der alles vorgibt, inklusive der Länge der Toilettenpausen. Man reist in einer sicheren Bubble, das Essen ist vorbestellt, die Gesprächspartner schnell bekannt. Das führt aus meiner Sicht jedoch häufig dazu, dass man das Land durch einen Filter wahrnimmt. Man hat zwar Sehenswürdigkeiten gesehen, aber nichts so richtig erlebt. Und wenn man dann noch das Pech hat, dass der Guide nur Standardtexte abspult, ist der Mehrwert quasi sofort dahin. Oder wenn er Unsinn redet – so zischte uns unser omanischer Fahrer damals ziemlich aufgebracht zu, dass der (indische) Guide uns gerade etwas Falsches erzählt habe.

Als ich 2016 in Kolkata ankam, war dort gerade die Durga Puja in vollem Gange. In der ganzen Stadt gab es Tempel, die von den Menschen aus der jeweiligen Nachbarschaft für die Dauer des Fests gebaut, geschmückt und genutzt werden. Einer befand sich direkt gegenüber von meinem Hotel. Die Rezeptionistin sah mich entgeistert an, als ich fragte, ob ich diesen Tempel besuchen könne, und murmelte etwas Unverständliches. Ich beschloss, es einfach zu probieren.

Der Zugang zum Tempel

Eine der besten Entscheidungen, die ich auf dieser Reise traf. Ich fiel natürlich auf wie ein bunter Hund und wurde anfangs eher ungläubig begutachtet – was macht die Ausländerin hier? Dann trat ein Mann auf mich zu und fing an, mir die Dekorationen und den Hintergrund des Fests zu erklären. Als nächstes reichte man mir einen Becher Fanta, etwas zu essen, man wollte Fotos mit mir machen, ich wurde sogar gefilmt. Alle waren unglaublich nett, es war eine tolle Stimmung – einfach ein ganz besonderes Erlebnis. Mit einer Gruppe wäre ich einfach in zehn Minuten durch einen der Haupttempel geschleust worden.

Im Tempel während der Durga Puja in Kolkata

4. Runter von den ausgelatschten Pfaden

Für mich liegt einer der größten Vorteile des individuellen Reisens darin, dass ich in der Wahl der Route vollkommen frei bin. So kann ich auch Orte besuchen, die bei einer Gruppenreise links liegen gelassen oder nur kurz gestreift werden. Und dort ergeben sich wieder ganz individuelle Erlebnisse.

Bei meiner ersten Reise nach China lernte ich noch am Flughafen von Lijiang ein chinesisches Ehepaar aus Shenzhen kennen. Gemeinsam nahmen wir ein Taxi in die Stadt, suchten eine Unterkunft und fuhren zu einem See. Dort machten wir einen Ausritt, eine Bootsfahrt und eine Teezeremonie und erfuhren, dass bei den Naxi, der dominanten Volksgruppe der Gegend, die Frau den Mann in der Hochzeitsnacht nach Hause trägt. Zahlen, Daten, Fakten, die im Gedächtnis bleiben!

Dieser See in der Nähe von Lijiang ist im Lonely Planet nicht mal verzeichnet – existiert er überhaupt wirklich??

Auf derselben Reise landete ich in Yuanyang, einem kleinen Ort nahe der Grenze zu Vietnam. Chinesische Freunde hatten mir dringend davon abgeraten – „Vielleicht ist der Bus schmutzig!“ -, aber zum Glück hatte ich nicht auf sie gehört. (Der größte Störfaktor auf der Fahrt mit dem Nachtbus war mein sehr laut schnarchender Reisebegleiter.) Wandern an den Reisterrassen und von Dorf zu Dorf – unvergesslich.

5. Ich entwickele mich persönlich weiter

Der Stillstand kommt schon noch schnell genug. Das habe ich bei meiner Großmutter gesehen, die irgendwann nicht mehr gut genug sehen konnte, um ein Buch zu lesen. Ab diesem Moment verengte sich ihre Welt. Bis ich an diesen Punkt komme, möchte ich meinen Horizont so weit wie möglich ausdehnen. Das Reisen hilft mir dabei enorm. Es versorgt mich mit neuen Eindrücken und Erlebnissen, es zeigt mir meine Fähigkeiten und meine Grenzen auf.

5 Kommentare

  1. Liebe Julia,
    ich bewundere deinen Mut und deine Begeisterung steckt an!
    Ich gebe zu, dass ich, seit ich allein lebe, nicht mehr allzu oft ganz allein unterwegs bin.
    Individuell aber meistens, gerade im Urlaub dem eigenen Wollen folgen dürfen: herrlich!
    Die Vorteile der Unabhängigkeit von den Befindlichkeiten anderer ist gar nicht hoch genug zu schätzen!
    Jetzt im Juli schließe ich mich allerdings seit Jahren wieder einmal einer Reisegruppe an: Motorrad-Tour nach Venetien, da sind Gespräche mit Gleichgesinnten gesichert und das Teilen der Eindrücke (Straßen & Kurven) Teil des Urlaubs 🙂
    Viele Grüße
    Gabi

    1. Liebe Gabi,
      das klingt auch toll! Motorradfahren ist ja gar nichts für mich, aber ich bin mir sicher, es ist auch eine tolle Reiseform 🙂
      Viele Grüße
      Julia

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