Georgien IV: Georgische Heeresstraße

Bergblick am Russisch-Georgischen Freundschaftsdenkmal.

Zum Abschluss meiner Reise nach Swanetien, verschiedene Städte und Südgeorgien wollte ich erneut für ein paar Tage in den Großen Kaukasus. Das Wanderzentrum in der Gegend ist Kazbegi/ Stepantsminda. Um dorthin zu kommen, fährt man über die Georgische Heeresstraße. Sie ist die (einzige) Landstraße, die von Tbilisi aus nach Norden in Richtung Kazbegi und weiter an die russische Grenze führt. Sie ist nicht nur eine Strecke, sondern ein Reiseziel für sich.

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Wie bereist man die Georgische Heeresstraße am besten?

Eine sehr gute (englischsprachige) Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten, nach Kazbegi zu reisen, sowie die Sehenswürdigkeiten entlang der Georgischen Heeresstraße gibt es auf Wander-Lush. Kurze Zusammenfassung: Am günstigsten ist die marshrutka, am bequemsten und flexibelsten die private Fahrt mit GoTrip. Alles weitere hängt von persönlichen Vorlieben und Umständen ab.

Tagestour nach Kazbegi

Ich wollte die Sehenswürdigkeiten entlang der Heeresstraße besichtigen, aber nicht so gerne für eine Privatfahrt zahlen. Daher war eine Tagestour in der Gruppe naheliegend. Gepäck mitzubringen und die Tour in Kazbegi zu beenden, sei kein Problem, sagte man mir bei Gamarjoba Georgia Tours, und siehe da, ich war auch nicht die einzige Teilnehmerin, die das tat.

Außer Gamarjoba gibt es noch andere Veranstalter, die ein identisches oder zumindest sehr ähnliches Programm anbieten: Stopps am pittoresken Zhinvali Stausee, an der geschichtsträchtigen Ananuri-Festung, zum Mittagessen in Passanauri (dem Geburtsort der Khinkali), am Russia-Georgia Friendship Monument sowie optionale Fahrt zur Gergeti Trinity Church. Das Ganze dauert inklusive Rückfahrt nach Tbilisi je nach Verkehrslage so um die 12 Stunden. Weil ich leider nicht open end unterwegs war, buchte ich die Tour im Voraus und quartierte mich fußläufig zum Treffpunkt ein.

Kurz zusammengefasst: Ich war sehr zufrieden. Schnelle Kommunikation per WhatsApp, professionelle Abwicklung (bei direkter Buchung zahlt man vor Ort), modernes und sauberes Fahrzeug, super Guide. Das Programm ist natürlich recht straff durchgetaktet, aber dafür gibt es einen guten Grund: Die zweispurige Heeresstraße wird auch vom LKW-Transitverkehr von und nach Russland genutzt. Wenn die Straße voller LKWs ist, geht einfach nichts mehr voran. Deshalb ist es von allgemeinem Interesse, wieder auf dem Rückweg nach Tbilisi zu sein, bevor Russland um 18 Uhr die Grenze für ausreisende LKWs öffnet. Zudem ziehen am Nachmittag häufig Wolken auf, die die Sicht auf den Kasbek und/ oder die Kirche beeinträchtigen.

Zhinvali-Stausee

Bei uns lief alles glatt, die Sonne lachte, freie Fahrt, keine verschwundenen Teilnehmenden. Der einzige Nachteil: Alle Gruppen verlassen Tbilisi zur ungefähr gleichen Zeit. Somit kommen alle auch immer zur ungefähr gleichen Zeit an den verschiedenen Stopps an. Es ist also fast immer überall voll.

Daher stellte sich bei manchem bereits am ersten Fotostopp, dem Zhinvali Stausee, eine gewisse Desillusionierung ein: Da stand alles voll mit Souvenirständen, zwischen denen sich die Touristen drängten. Ok, war jetzt eh nicht das Highlight des Tages – es ist halt ein Stausee.

Am Zhinvali-Stausee, im Rücken ein mittelgroßes Souvenir-Einkaufszentrum.

Ananuri-Festung

Vom Aussichtspunkt am Stausee kommt man in etwa 25 Minuten an der Ananuri-Festung an. Hier war es ähnlich voll. Immerhin hat die Festung neben der obligaten Kirche eine spannende Geschichte mit Überfällen, Belagerungen und Gemetzel. Zumindest vermittelte Guide Keti diese mit einigem Drama.

Ab Passanauri wurden die Temperaturen merklich erträglicher (das Mittagessen war auch ganz gut, wenn man bedenkt, dass in den Restaurants jede Menge Gruppen abgefertigt werden) und die Landschaft zunehmend interessanter. Spätestens ab Gudauri starrten alle gebannt aus dem Fenster.

Russisch-Georgisches Freundschaftsdenkmal

Schließlich kamen wir an unserem letzten Stopp auf der Heeresstraße an, dem Russisch-Georgischen Freundschaftsdenkmal. Dieses wurde von den Sowjets freundlicherweise im Jahr 1983 errichtet, Widerspruch zwecklos.

„‚Welche Freundschaft?‘ fragt ihr euch vielleicht“, formulierte Keti es wenig diplomatisch, um uns dann genüsslich auszubreiten, wie Russland sich wiederholt nicht an seine eigenen Verträge gehalten hat. (Überhaupt kann man nicht behaupten, dass alle Georgier Russland gegenüber restlos positiv eingestellt seien.) Die Georgier rächen sich, indem sie das Denkmal so verändert haben, dass nicht Mutter Russland das Kind Georgien im Arm hält, sondern umgekehrt – Georgien sei ohnehin das viel ältere Land.

Mutter Georgien und das kleine Russland.

Von dem Denkmal kann mal nun halten, was man will. Die Landschaft, in der es sich befindet, ist unglaublich.

Vom Denkmal aus war Kazbegi schnell erreicht. Wir fuhren an langen Schlangen geparkter LKWs entlang – diese warten, bis ihnen die georgischen Grenzbehörden mitteilen, dass sie nun vorfahren können. Der Anzahl der LKWs nach zu urteilen, haben die Fahrer reichlich Gelegenheit, das Bergpanorama zu bewundern – sie warten wohl Tage, wenn nicht Wochen.

Gergeti Trinity Church

In Kazbegi stiegen wir um auf die Delicias, die Fahrgäste zur Gergeti-Kirche und zurück befördern. Diese befindet sich knapp 500 Höhenmeter über dem Ort, man kann auch zur Kirche wandern. An einen besinnlichen Besuch der Kirche war natürlich nicht zu denken; die Parkplätze waren voll, die Besucher schoben sich den Weg zur Kirche hinauf.

Weit und breit kein Mensch an der Gergeti Trinity Church? Der Eindruck täuscht leider.

Gut, das soll vorkommen bei den größten Attraktionen in der Gegend. Dafür hatten wir sogar gegen 16 Uhr noch beste Sicht auf den Kasbek – das habe ich in den darauffolgenden drei Tagen nicht wieder erlebt. Was für ein Glück wir da hatten, war uns zu dem Zeitpunkt natürlich gar nicht klar.

Mehr Kasbek-Fotos gibt es am Ende meines Artikels über Kazbegi.

Rückfahrt per marshrutka

In Kazbegi beendete ich die Tour und bezog ein Zimmer in einem schönen Gästehaus. Die drei Tage gingen viel zu schnell vorbei. Ich beneidete das Paar, das sich gleich drei Monate lang im Tamta eingemietet hatte.

Zurück nach Tbilisi fuhr ich per marshrutka. Die Fahrt war geradezu luxuriös: Ich hatte einen Einzelplatz mit Beinfreiheit, und es wurden keine zusätzlichen Sitzplätze im Gang eingerichtet. Ein letzter Blick auf den Kasbek, und schon ging es los. Auf dieser Fahrt hatten wir zwei Mädels im Bus, die sich an der Abzweigung nach Truso absetzen ließen. Beim Einsteigen hatten sie noch versucht, den Fahrpreis zu verhandeln. Jetzt wirkten sie, als hätten sie sich das irgendwie anders vorgestellt.

Unser Fahrer war gutgelaunt und entspannt, wir kamen gut durch… bis wir vor Passanauri im Stau standen. Das kommt immer mal wieder vor, es gibt eine Baustelle, der Verkehr wird wechselseitig angehalten. In diesem Fall jedoch kamen uns ständig viele Fahrzeuge entgegen, während es bei uns nur zentimeterweise voranging. Als selbst der Fahrer ausstieg, war klar, dass es länger dauern würde. Die Baustelle entpuppte sich als LKW-Panne, an der wir nach 45 Minuten endlich vorbeifuhren. Zu diesem Zeitpunkt war unser Fahrer dann nicht mehr so entspannt. Den Rest der Fahrt berührten die Reifen kaum mehr den Asphalt, wir flogen in doppelter Schallgeschwindigkeit die Heeresstraße hinab, 3,5 Stunden Fahrtzeit inklusive der unfreiwilligen Pause.

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