… ja, als was eigentlich?
Nur vier Worte. „Was will ich bewirken?“ Das ist die Fragestellung der Blog Challenge, zu der ich mich im Mai 2023 angemeldet habe. Und dazu sollen wir innerhalb weniger Tage einen Blogartikel schreiben. Oh Gott. Ich habe mich früher schon mit „Mein schönstes Ferienerlebnis“ schwergetan, und jetzt wirft Judith Peters gleich so eine große Frage in den Ring. Challenge 2.0: wir sollen auch noch drei bis fünf Unterthemen dazu finden.
Natürlich ist das genau die Frage, die mich schon lange umtreibt und auf die ich noch nicht so recht eine Antwort gefunden habe. Vielleicht hilft mir die Challenge, das etwas klarer zu sehen. Das Schicksal wirft einem ja immer genau das vor die Füße, was man gerade braucht.
Andere scheinen da mehr Klarheit zu haben, wenn den Kommentaren bei den täglichen Sessions zu glauben ist. Spätestens am zweiten Tag erfasst mich leichte Panik: alle schreiben schon, nur ich habe noch nicht mal eine Idee. Ist das die Content-Ängst, von der Judith spricht? Aber so war es ja schon immer bei mir, das Konzept muss sich zunächst im Kopf formen, bevor ich es zu Papier bringen kann. Und irgendwann ist es dann so weit, die Worte beginnen zu fließen. Work in progress.
Ich will Dinge verbessern
Also, in erster Linie Fehler. Natürlich nur die anderer Leute. Ich selber mache ja zum Glück niiiie welche… Aber ich sehe die falsche Silbentrennung, die inkonsistent formatierte Aufzählung, das doppelte Leerzeichen. Warum andere das nicht sehen, ist mir schleierhaft. Vielleicht sehen sie es, aber es ist ihnen egal??
Meine Freundin Annette führt den kleinen, aber sehr feinen Verlag STROUX edition. Irgendwann hatte sie offenbar genug davon, von mir auf ein fehlendes Komma in ihren frisch erschienenen Büchern hingewiesen zu werden. Statt dessen fragte sie, ob ich vielleicht Zeit hätte, die Schlusskorrektur für ihr neuestes Manuskript zu machen. Na klar! Bücher lesen, Fehler finden und für das Erbsenzählen auch noch geschätzt werden! Herrlich. Ich bin im Himmel.
Möglichkeiten zum Verbessern gibt es natürlich viele. Da müssen nicht mal Fehler im Spiel sein. Abläufe lassen sich verbessern, Effizienzen, Reisepläne, die Liste ist lang. Und für mich ist es ein super Gefühl, konkret zu einer Verbesserung beigetragen zu haben. Stillstand kann schließlich jeder.
Ich will zu besserem Lesen (und Schreiben) beitragen
Lesen lässt sich nicht vermeiden, auch wenn man kein Bücherwurm ist. Umso erschreckender, was so alles für druckreif befunden wird. Von sinnentleerten Claims auf Geschäftsfahrzeugen will ich gar nicht anfangen. Nicht jeder ist ausdrucksstark, das ist mir klar, und auch ich schreibe häufig viel zu lange und verschachtelte Sätze (zum Beispiel diesen hier). Trotzdem kann man daran arbeiten.
Kommt es nicht viel mehr auf den Inhalt an als auf den schönen Satz? Klar zählt der Inhalt. Aber was, wenn ihn niemand versteht? Ich arbeitete mal in einem Unternehmen mit vielen internationalen Kunden und betreute dort eine Plattform-Software. Die Nutzer konnten bestimmte Daten eintragen und so ihre Dienste den Kunden und der Welt zugänglich machen. Die Anleitungen dazu waren aus dem Deutschen wortwörtlich ins Englisch übersetzt worden – die Sätze waren ellenlang und voll von Wörtern, die niemanden weiterbrachten. „Wir bitten Sie höflich zu beachten, dass es bedauerlicherweise aufgrund technischer Restriktionen zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich ist, eine 0 einzutragen.“ Das ist schon im Original schwierig zu verdauen, in der englischen Übersetzung war es quasi unlesbar. „Do not enter a 0“ ist wesentlich besser verständlich.
Ähnliches sehe ich auch bei The Blog Bang, dem Blogkurs, für den ich mich nach der Challenge angemeldet habe. Hier werden wir ermutigt, unsere eigenen Blogartikel im Mitgliederbereich zu teilen und die Texte unserer Mitstreiterinnen zu kommentieren. Da sind so viele interessante Themen dabei! Und so viele Artikel, die wie ein Schluck Wasser in der Kurve hängen, weil kein roter Faden im Text ist, Sätze zusammenhangslos nebeneinander gestellt werden, sich die Argumentation im Kreis dreht. So schade, was da verloren geht – nicht nur inhaltlich, sondern auch an nicht realisiertem Business.
Und wenn wir über wissenschaftliches Arbeiten reden, gelten natürlich nochmal strengere Regeln. Ich habe mal eine Bachelor-Arbeit Korrektur gelesen, in der ziemlich steile Thesen aufgestellt, aber nicht begründet wurden – das geht natürlich gar nicht. Die Dissertation einer Freundin sah kurz vor der Abgabe aus wie Kraut und Rüben. Das war nicht ihre Schuld, der Professor hatte ihr sechsmal (!!) das Thema geändert, sie war mit Nerven und Geduld am Ende und wollte einfach nur einen Schlussstrich ziehen – aber zu mehr als rite hat es leider nicht gereicht. Schade, war ein spannendes Thema. Ich hätte die Arbeit gerne an der Stelle übernommen und weitergeschrieben.
Ich will den Leuten was beibringen
Das war eine späte Erkenntnis. Lehrerin wollte ich nie werden und wäre mit dieser Berufswahl wahrscheinlich auch nicht glücklich geworden. Die Schüler sicher auch nicht. Aber in meinem letzten Job habe ich dann doch gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, Themen aufzubereiten und Wissen zu vermitteln. Darüber war ich selber ganz überrascht. Vielleicht lag das daran, dass ich selber so viele unglaublich dröge Präsentationen gesehen habe, bei denen ich immer dachte, das muss doch besser gehen! (Und damit sind wir auch wieder bei Punkt 1.)
Ich will Frauen zum (Allein-) Reisen ermutigen
Zum Reisen kam ich auf Umwegen. In der Schulzeit waren wir im Sommer immer nur an der Nordsee, zwei Wochen in der Ferienwohnung. Mit Kindern nicht die schlechteste Wahl, wir waren auch immer happy – Hauptsache, die Sonne schien und wir bekamen ein Eis. Damals waren Flüge ja auch noch echt teuer und Fernreisen mit der ganzen Familie quasi undenkbar, wenn man nicht einen Goldesel im Keller hatte.
Und dann hatten wir eine australische Austauschschülerin… die eine Gegeneinladung nach Sydney aussprach. Krass, Australien! Und Neuseeland ist ja quasi direkt nebenan. So ging das los. Als nächstes diverse Länder in Asien, dann Afrika. In meinem Freundeskreis hochgezogene Augenbrauen, wenn ich von meinen neuesten Plänen erzählte, und in der Regel zwei Fragen: 1) „Wo ist das?“ und 2) „Kann man da hinfahren?“
Klar kann man da hinfahren. Ich bin ja selber nicht lebensmüde und fahre in ein Kriegsgebiet oder so. Mitfahren wollte trotzdem niemand. Ich hatte also die Wahl: alleine reisen oder gar nicht reisen. Dann halt alleine.
Ich habe es nie bereut. Natürlich hat mir nicht jedes Reiseziel gleich gut gefallen, es ist nicht immer alles glatt gelaufen, und auch im letzten Winkel der Erde trifft man noch auf echte Nervensägen. Aber es ist so unglaublich bereichernd, sich auf fremde Kulturen einzulassen und Menschen zu treffen, die ein vollkommen anderes Leben führen.
„Ich könnte das nicht“, sagte ein Freund zu mir, „ich kann nicht alleine in ein Restaurant gehen.“ Das lernt man dann schnell. Genauso, wie man es lernt, auf fremde Menschen zuzugehen und ein Gespräch zu beginnen (jahrelang eine absolute Horrorvorstellung für mich). Oder sich selbst zu organisieren. Oder mit sich selbst klarzukommen, wenn man abends alleine im Zimmer sitzt. Oder auch einfach nur: sich selbst gegenüber nicht so streng zu sein. Wachstum auf allen Ebenen.
Unausgesprochen schwang bei den Fragen meiner Freunde natürlich immer ein „… als Frau“ mit. Natürlich kann man als Frau alleine reisen. Auch in, äh, „solche“ Länder. Natürlich muss man sich anpassen, aber das erwarten wir von Besuchern bei uns ja genauso. Natürlich muss man etwas aufpassen, aber auch bei uns empfiehlt es sich nicht, nachts betrunken durch dunkle Gassen zu laufen. Natürlich bringt das Herausforderungen mit sich, aber daran wachse ich – und die Erinnerungen nimmt mir niemand. Und Dir auch nicht.
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