Island I: Der Westen und Norden

Ich sage nur: Nonni und Manni. Dank der ZDF-Weihnachtsserie von 1988 war Island fest in meinem Hirn verankert, auch wenn ich die Inhalte der Serie weitgehend vergessen habe. 1996 war ich auf der Durchreise in Reykjavik – es war interessant, aber am meisten erinnere ich mich daran, wie atemberaubend teuer alles war. Als mal-eben-so-Reiseziel war Island also offensichtlich nicht geeignet.

Dann kam Corona. In Ermangelung sonstiger Gelegenheiten, Geld auszugeben, fand ich, eine Reise sei nun doch leistbar. Auch wenn ich zwischenzeitlich die Trilogie „Lost in Paradise“, „Die Fallenden“ und „Brief an Mama“ von Mikael Torfason gelesen hatte (irre gute Bücher, auf Deutsch erschienen bei STROUX edition), die jegliche Island-Romantik nun wirklich restlos zerstört.

2020 waren die Einreiseregelungen noch sehr strikt, das war mir zu riskant. Zwei Wochen vorsorgliche Quarantäne, falls eine Person im Flugzeug bei Ankunft positiv getestet wurde? Eher nicht. 2021 konnte ich, 2x geimpft, ohne Test und Quarantäne einreisen. Glück gehabt – kurz darauf schossen die Fallzahlen in Island wieder in die Höhe, und die Einreiseregelungen wurden verschärft.

Dass diese Reise ein road trip werden würde, war schnell klar. Ohne eigenes Fahrzeug ist man in Island aufgeschmissen, wenn man nicht nur in Reykjavík sitzen und Tagesausflüge machen will. Somit war mein Tagesablauf relativ klar: Fahren, gucken, essen, schlafen.

Vom Flughafen Keflavík aus fuhr ich zunächst die Westküste entlang zur Halbinsel Snaefellsnes und weiter in den Norden der Insel. Anschließend besuchte ich den Süden, den Golden Circle und Reykjavík. Hier findest Du Informationen zur Organisation der Reise sowie Allgemeines.

Akranes, Borgarnes und das Hinterland

An einem Sonntag kam ich am späten Nachmittag in Island an. Nach langem Warten am Schalter der Autovermietung (und eigener Dokumentation bestehender Kratzer und Dellen am Auto) konnte es losgehen. Mein erstes Ziel war Akranes, etwa 90 km entfernt. Schon auf dieser ersten Strecke zeigte sich das Hauptproblem einer Islandreise: Die Landschaft war so irre, dass ich eigentlich ständig nach rechts und links gucken wollte. Zweite Thematik: Mein winziger Kia löste offensichtlich bei den Einheimischen, bevorzugt in großen SUVs und Pick-Up Trucks unterwegs, gewisse Aggressionen aus.

Als ich so gegen 20 Uhr in Akranes einrollte, erkundigte ich mich an der Rezeption nach der Wanderung zum Glymur-Wasserfall, die ich für den kommenden Tag anpeilte. Naja, meinte die Rezeptionistin, es habe in letzter Zeit recht viel geregnet, der Weg könne also „etwas schlammig“ sein. Das habe ich mal so interpretiert, dass man bis zum Knöchel im Matsch steht. Der erste Programmpunkt wurde also umgehend gestrichen. In Island muss man flexibel sein.

Das war ja ein vielversprechender Start für diese Reise. Noch vielversprechender das Wetter am folgenden Morgen, als ich mich ein wenig in Akranes umsah:

(Es sollte besser werden.)

Statt zu wandern fuhr ich nach Borgarnes und besuchte das Settlement Center. Hier gibt es die Saga Exhibitions: Es fließt viel Blut. Ich habe mich gefragt, wie die Besiedelung von Island überhaupt geklappt hat, da irgendwie ständig jeder jeden gemetzelt hat.

Von Borgarnes aus fuhr ich ins Landesinnere. Hier warten Hraunfossar (eigentlich keine „richtigen“ Wasserfälle, weil das Wasser aus dem Fels kommt), Barnafoss und diverses mehr. Ich weiß gar nicht mehr, wo ich da genau war… Abends warteten im Gästehaus ein hot tub und eine tolle Dämmerung:

Überhaupt eine total nette Unterkunft. Gemeinsam mit den anderen Gästen saß ich abends noch lange zusammen. Das einzige Problem waren die stechenden Insekten, die gerne ins Zimmer kommen, wenn man das Fenster offen lässt. Das stellten die beiden Amerikaner fest, die die halbe Nacht damit verbrachten, die Viecher zu jagen…

Die Halbinsel Snaefellsnes

Diese Halbinsel wird von den meisten Besuchern links liegengelassen. Hätte ich wahrscheinlich auch gemacht, wenn ich weniger Zeit gehabt hätte. Sie eignet sich sehr gut, wenn man nur wenig Zeit zur Verfügung hat, denn sie ist eine Art Mini-Island (sehr gute Detailinfo bei Earth Trekkers). Hier gibt es Schafe, Pferde, Vulkane, schwarze und gelbe Strände, Basalt, Wasserfälle, Wale etc. Man kann auch eine Lavahöhle besichtigen; das war sehr interessant (und günstiger als an anderen Orten). Zu diesem Zeitpunkt war noch absolut alles aufregend; im weiteren Verlauf relativierte sich das etwas. Noch ein Wasserfall? Gähn.

Im Norden der Halbinsel wartet der berühmte Kirkjufell, der in jedem Licht begeistert.

Ich hatte völlig bizarres Wetter: mal sonnig, mal windig, dann wieder bewölkt. Im Norden und Süden der Halbinsel ist das Wetter sowieso total unterschiedlich – während es im Süden regnete, lachte im Norden die Sonne. Freundlicherweise waren die Regenpausen immer gut abgestimmt: Wenn ich aus dem Auto ausstieg, war es trocken; wenn ich weiterfuhr, regnete es.

Bestes Strandwetter in Island.

Beim whale watching war ich auch – gesichtet wurde ein Buckelwal.

Buckelwal vor der Küste von Olafsvik.

Der Nordwesten Islands

Stykkishólmur, Tankpause.

Gerne wäre ich noch in die Westfjorde gefahren, aber das hätte echt den Rahmen gesprengt. Also fuhr ich statt dessen mit Stops an der Trollfrauenschlucht nebst Wasserfall Kolufossar…

… und Museumsdorf Glaumbaer…

… nach Saudárkrókur…

Am Hafen von Saudárkrókur.

… und von dort auf der scenic route an der Küste der Tröllaskagi-Halbinsel entlang nach Akureyri. Das lohnt sich absolut, wenn man die Zeit hat. In Siglufjördur aß ich am Fjord meine nördlichste Pizza auf dieser Reise (sehr lecker). Kurz nach der Ortsausfahrt gibt es ein echt isländisches Fahrabenteuer: einen einspurigen Tunnel, der (natürlich) in beide Richtungen befahren wird. Wer die Buchten auf seiner Seite hat, weicht bei Bedarf aus.

Akureyri

Nach einigen Tagen im ländlichen Island fühlte ich mich in Akureyri zunächst leicht überfordert. Wo kamen die ganzen Autos her? Ich musste sogar einen Parkplatz suchen! Hinzu kam eine Hitzewelle mit etwa 20 Grad, das gibt es hier sonst wohl nie. Wo war ich hier nur gelandet?

Akureyri ist ein nettes kleines Städtchen, in dem sich gut etwas Zeit verbringen lässt. Es gibt viele Museen, öffentliche Kunst (und Mülleimer im Strickkleid, ich war mir nicht ganz sicher, ob das Kunst ist oder sich jemand gelangweilt hat) und einen botanischen Garten, in dem die Blütenpracht nur so explodierte.

Der Nordosten Islands & Diamond Circle

Hinter Akureyri werden die Touristen merklich weniger. Akureyri selber ist über die Ringstraße von Reykjavik aus recht schnell erreichbar; bis dorthin schaffen es also auch noch viele, die nicht so viel Zeit haben.

Östlich von Akureyri ist man auch schon im sogenannten Diamond Circle, wo eine Naturschönheit die andere jagt. Ich fuhr über den Godafoss…

… ins Thermalgebiet von Mývatn. Mückensee… der Name sagt alles. Das Gebiet ist recht groß und sehr abwechslungsreich: Seen, Krater, Lavaformationen.

Nur wenige Kilometer weiter wartet das Hochtemperaturgebiet Hverir…

… und auf der anderen Straßenseite der Zentralvulkan Krafla mit Kraterseen, Lavafeld und Schafen.

Hier zu übernachten wäre allerdings unfassbar teuer geworden. Daher hatte ich mich in Husavik eingemietet. Die Fahrt dorthin war wieder völlig irre – es ging die ganze Zeit nur hügelauf, hügelab.

Husavik

In Husavik versuchte ich mein Glück noch mal beim whale watching, diesmal bei strahlendem Sonnenschein und auf einem sehr schönen Segelboot aus Holz. Ein paar Tage zuvor waren Orcas in der Bucht gewesen. Die hatten sich inzwischen leider wieder verzogen, aber ein Buckelwal gab sich die Ehre. Auch sahen wir jede Menge Papageitaucher umherflattern, meine ersten auf dieser Reise.

Sogar beim Reiten war ich! Naja, das gehört ja irgendwie dazu in Island. Ausritte werden an vielen Orten angeboten. In Saltvík reitet man in der Nähe des Meeres ganz entspannt etwa anderthalb Stunden lang.

Meine ersten puffins aus der Nähe. Also, Teleobjektivnähe.

Abermals an der Küste entlang fahrend verließ ich Husavik am nächsten Tag. Es gibt da eine Stelle, direkt an der Straße, wo Papageitaucher brüten. Findet man auf Google Maps. Ich wurde zu diesem Zeitpunkt schon leicht unruhig, denn natürlich wollte ich unbedingt puffins sehen. Bislang hatten sie sich mir aber noch nicht gezeigt, außer auf dem Meer und aus einiger Entfernung. War ich zu spät dran? Nein. Außerdem, Spoiler: Ich sollte noch viel, viel mehr sehen. Entzückt war ich jedes Mal.

Asbyrgi

Next stop: Asbyrgi. Lachte bei Abfahrt noch die Sonne, regnete es bei Ankunft auf dem Parkplatz heftig. Erkenntnis: Es ist möglich, sich in einem Kleinwagen auf dem Fahrersitz umzuziehen. Bequem ist es aber nicht.

Aufgrund des Regens – ich war auf der Wanderung in kürzester Zeit trotz Regenklamotten weitgehend durchnässt – fiel der erste Teil meines Besuchs im Park deutlich kürzer aus als ursprünglich geplant. Ich bin mir sicher, es ist dort sehr schön, wenn es zumindest trocken ist. Immerhin gab mir die freundliche Dame im Besucherzentrum noch einige Tipps für die Sehenswürdigkeiten weiter südlich entlang der relativ berüchtigten Straße 862 mit. Das führte dann wieder dazu, dass ich mit meinem Kia („Ja, ja, passt schon“, hatte sie gemeint) in der Nähe des Dettifoss eine sehr unbefestigte Straße entlanghoppelte, um abermals einen Wasserfall zu erwandern. Was dieses kleine Auto geleistet hat, hat mich wiederholt in Staunen versetzt.

Aber zunächst stoppte ich in Vesturdalur. Hier war es trockener und die Landschaft ob des Nebels noch unwirklicher. Es leuchtet schon ein, warum die Isländer an Trolle glauben.

Weiter zum Dettifoss, dem leistungsstärksten Wasserfall Islands.

In unmittelbarer Nähe liegen der Selfoss und (über die oben erwähnte unbefestigte Straße) der Hafragilsfoss.

Studlagil Canyon

Nach Übernachtung in Grimsstadir fuhr ich am nächsten Morgen weiter in Richtung Osten. Auf einer Strecke von etwa 50 km sah ich kein einziges anderes Auto. War zwar super, was das eigene Fahren angeht (etwas mehr in der Mitte der Straße, um sicherer aus dem Fenster schauen zu können, kein Gejagtwerden durch Dodge Rams), aber irgendwie auch ein bisschen spooky. Die Landschaft tat ihr übriges.

Ziel war der Studlagil Canyon, der eher zufällig entdeckt wurde. Der Fluss, der den Canyon verborgen hatte, wurde umgeleitet und – tada – die irren Basaltformen kamen zum Vorschein.

Die Anfahrt gestaltete sich wieder etwas abenteuerlich, da auf der Zufahrtsstraße gerade Straßenarbeiten stattfanden. Es gibt einen leichten und einen schwierigeren Weg. Beim leichten Weg geht man vom Parkplatz zu einer Aussichtsplattform. Dort sieht man weniger. Beim schwierigeren braucht man viel länger, um anzukommen, dafür ist man direkt im bzw. über dem Canyon – Zugang je nachdem, wie abenteuerlustig man sich fühlt. Ich nahm natürlich den schwierigeren Weg. Es lohnte sich absolut: Zwar hatte ich kein langes Satinkleid dabei wie die Damen auf den Instagram-Fotos, die damals ständig kursierten, aber die Szenerie war auch so total unwirklich:

Völlig geflasht fuhr ich direkt weiter nach Seydisfjördur. Das ist der Ort mit dem Regenbogen vor der Kirche. Auch sonst ein netter kleiner Ort mit ein paar Geschäften und Cafés.

Hengifoss & Papageitaucher

In der Nähe von Egilsstadir hatte ich mich bei Elsa einquartiert, die mir einiges über das isländische Landleben erzählte und viele Tipps für die Umgebung gab. Das Ziel schlechthin ist natürlich der Hengifoss. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nun weiß Gott schon viele Wasserfälle gesehen, aber der Hengifoss mit seinen Streifen im Gestein ist den Besuch trotzdem wert. Außerdem gab es am Parkplatz einen netten kleinen Foodtruck, dessen Besitzerin sogar Deutsch sprach. Welcome to Iceland: Suppe + Waffel + Eis = 30 €. Gut, dass ich nicht noch drei hungrige Kinder dabei hatte.

Vom Hengifoss fuhr ich an die Küste nach Borgarfjördur Eystri. Denn dort gibt es eine Papageitaucherkolonie! Natürlich war alleine die Landschaft schon die Anreise wert, trotz dirt road (inzwischen ist die Straße wohl durchgehend asphaltiert).

Das Schöne ist, dass man den Tieren recht nahekommen kann, ohne ihre Nester zu gefährden. Da der Ort ziemlich abgelegen ist, verirren sich außerdem vergleichsweise wenige Besucher hierher.

Going South…

Wenn man in Egilsstadir ankommt, hat man, gemessen von Reykjavik, etwa die halbe Ringstraße hinter sich gebracht. Die andere Hälfte ging ich am nächsten Tag an mit der Fahrt in den Südosten der Insel.

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7 Kommentare

  1. hi, auf meinen Recherchen für eine Bali-Reise im Herbst 2023 bin ich auf deine tolle Islandreise gestoßen…..nicht wirklich ein Ersatz bzw. lohnenderes Reiseziel als Bali…..aber doch sehr entzückende Bilder…..ein Bildtrip durch Island…..wunderschön……ich habe nur Bilder von den Trollen, Gnomen, Erdwesen…..vermisst, denen in Island doch Achtung gezollt wird 🤔 oder…… so kurzweilig zu lesen sind deine Blogs über deine schönen Reisen….. meine Hochachtung

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