Türkei III: Wandern in Kappadokien

Im Valley of Love in Kappadokien.

Als ich meine Türkeireise plante, wollte ich in erster Linie wandern. Kappadokien hatte ich zunächst nicht auf dem Schirm. Dabei gibt es dort vielfältige Möglichkeiten. Kurzzeitig dachte ich, ich müsse mich zwischen dem lykischen Weg und Kappadokien entscheiden – das wäre schwierig geworden.

Von Pamukkale nach Kappadokien

Nachtbusse, -züge und -flüge versuche ich zu vermeiden, denn ich kann da einfach nicht schlafen. Die Alternativen für die Strecke Pamukkale – Göreme waren allerdings nicht besser: Der Bus tagsüber brauchte auch so um die 12 Stunden. Oder ich hätte von Pamukkale mit dem Bus nach Izmir fahren müssen, von dort nach Kayseri fliegen und per Bus oder Taxi nach Göreme fahren müssen. Deutlich teurer und nicht soooo viel schneller. Also doch der Nachtbus.

Ich konnte zwar wie erwartet nicht schlafen, aber abgesehen davon war es im Bus eigentlich sehr komfortabel. Dafür schlug das Wetter um: Waren wir noch schwitzend in Denizli abgefahren, klapperten wir am nächsten Morgen in Kappadokien mit den Zähnen. Der Bus fuhr natürlich (obwohl Denizli – Göreme angeboten und gebucht) nicht direkt durch. Statt dessen mussten wir in Nevşehir aussteigen und wurden eine halbe Stunde später in einen anderen Bus verfrachtet. Es war kalt, und es regnete. Unausgeschlafen, verfroren und durchnässt ist bei mir keine gute Kombination.

Glücklicherweise war mein Zimmer in Kemal’s Guest House bezugsbereit und warm, und ich durfte mich sogar gleich zum Frühstück setzen. Alles wieder gut. Die Unterhaltung lief sogar auf Deutsch, weil Kemals Mitarbeiterin in Frankfurt aufgewachsen ist.

Gestein und Höhlen in Kappadokien

Die ersten Bilder von Kappadokien sah ich auf Instagram und dachte, die seien computergeneriert. Aber es sieht da wirklich so aus. Die Landschaft ist in weiten Teilen vulkanischen Ursprungs – das erklärt auch die vielen verschiedenen Farben des Gesteins. Über Jahrmillionen hinweg wurde der Tuff durch Temperaturunterschiede, Wind und Regen erodiert und geformt. Weil die verschiedenen Gesteinsschichten und -arten unterschiedlich hart sind, erodierten die einen mehr, die anderen weniger. Die resultierenden Felsformationen werden als Feenkamine bezeichnet. Diese entdeckt man am besten zu Fuß – in den Tälern lässt es sich super wandern.

Kappadokien ist für seine Wohnhöhlen bekannt. Der Tuff ist ziemlich weich – er lässt sich also verhältnismäßig leicht aushöhlen. So entstanden Taubenschläge, Ställe für Vieh, Wohnungen und sogar ganze Städte, die in den Stein geschlagen wurden (ähnlich wie in Vardzia im Süden Georgiens).

Landschaft in Kappadokien.
Bizarre Landschaften gleich außerhalb von Göreme.

Freilichtmuseum Göreme

In Kappadokien gibt es mehrere Freilichtmuseen, in denen man Wohnhöhlen und auch jede Menge Höhlenkirchen mit Fresken besichtigen kann. Denn Kappadokien war mal ein wichtiges christliches Zentrum. Beispielsweise kam die heilige Nino, der man in Georgien überall begegnet, ursprünglich aus Kappadokien.

An meinem ersten Tag in Göreme steuerte ich das dortige Freilichtmuseum (UNESCO-Weltkulturerbe) an. Traf sich auch ganz gut, da es ja regnete, das Wetter zum Wandern also ungeeignet gewesen wäre. Das Museum liegt etwas außerhalb vom Zentrum, ist zu Fuß aber gut erreichbar.

Die Straße windet sich zwischen den Feenkaminen hindurch.
Unterwegs zum Freilichtmuseum in Göreme.

Hier sind diverse Kirchen zu besichtigen, die hauptsächlich aus dem 10.-12. Jahrhundert stammen und mit Fresken verziert sind. Vor Ort habe ich mir einen Audioguide zugelegt, fand den aber nicht so wirklich hilfreich. Lag vielleicht auch am Schlafmangel.

Wandern in Kappadokien

Um die Feenkamine zu sehen, muss man in Kappadokien theoretisch natürlich gar nicht wandern. Denn Göreme und alle anderen Dörfer sind ja mitten in diese Landschaft hineingebaut. Aber außerhalb der Orte und menschenleer wirkt die Gegend noch wesentlich unwirklicher.

Um Göreme herum gibt es verschiedene Täler, von denen Love, Red, Rose, Pigeon und White am bekanntesten sind. Diverse dieser Täler kann man im Rahmen von Tagesausflügen besuchen, allerdings nur von oben: Man hält an einem Aussichtspunkt und schaut hinunter, man bewegt sich aber nicht im Tal selber. Sofern man unter Zeitdruck steht oder gesundheitlich eingeschränkt ist, ist das natürlich eine gute Option. Ansonsten plädiere ich dafür, sich selber auf die Socken zu machen. Das geht auch ohne Guide. Festes Schuhwerk sollte man aber schon tragen.

Julia Pracht im Rose Valley in Kappadokien
Im Rose Valley nahe Göreme.

Viele Wandermöglichkeiten sind ohne Auto zugänglich (zur Not nimmst Du Dir ein Taxi zum Ausgangspunkt, das kostet nicht die Welt). Beschilderungen gibt es kaum, manchmal ist der Weg ein Trampelpfad, der plötzlich abbiegt. Die meisten Unterkünfte sollten in der Lage sein, Informationen zu Wanderungen zu geben. Sehr hilfreich fand ich die Beschreibungen bei Novo Monde (englischsprachig). Eine App mit Wegbeschreibungen wie AllTrails oder Komoot schadet auch nicht. Google Maps ist hingegen nicht ausreichend.

Wo war ich nun unterwegs?

Durch das Love Valley nach Uchisar und weiter zu den Tauben

Das ist eine wunderbare Rundwanderung ab Göreme von etwa 12 km Länge. Ein Auto brauchst Du nicht, eine Karte (App) hingegen schon. Hier war das mit dem Trampelpfad, der hinter einem Busch plötzlich vom Weg abbog.

Ende Mai blühte es überall, ein schöner farblicher Kontrast zum Rest der Landschaft. Aber wenn Du erstmal ins Love Valley kommst, schaust Du sowieso nur noch nach oben. Preisfrage: Woher hat das Love Valley bloß seinen Namen?

Die Formationen sind frei zugänglich, Du kannst also im Wesentlich herumlaufen und -klettern, wo und wie Du willst. Das Gestein ist allerdings mitunter ziemlich bröselig und bei Regen vermutlich sehr rutschig. Die Wege sind in der Regel gut erkennbar.

Im Kerngebiet des Love Valley war es noch recht busy, aber als ich weiterlief, traf ich kaum noch andere Wanderer. Es gab auch keine Verpflegung, nur einen einzigen Orangensaftverkäufer.

Erst bei Uchisar wurde es wieder voller. Hier gibt es zum ersten Mal seit Göreme wieder „richtige“ Cafés sowie eine Burg, die man besichtigen kann. Bei guter Sicht kann man den Berg Erciyes sehen, einen ruhenden Vulkan von knapp 4 000 m Höhe. Ihm haben wir die Landschaft zu verdanken.

Blick auf das Dorf Uchisar.
Klare Hashtag-Empfehlung.

Von Uchisar aus kann man die gleiche Strecke noch einmal zurücklaufen oder durch das Pigeon Valley nach Göreme zurückkehren. Das Pigeon Valley verdankt seinen Namen den vielen Taubenschlägen, die dort ins Gestein getrieben wurden. Die Tauben dienten lange als wichtige Nahrungs- und Düngerquelle. Heutzutage gäbe es dort auch noch sehr viele Tauben, hatte man mir gesagt – ich habe keine einzige gesehen. Die waren eher dort zu finden, wo mehr Touris zusammenkamen. Das Tal ist aber auch so sehr hübsch und, wie man sieht, komplett anders als das Love Valley, obwohl es quasi direkt daneben liegt.

Rose Valley, Çavuşin, Paşabaği

Er führe die beiden Niederländer jetzt ins Rose Valley, sagte Kemal zu mir, ob ich mitkommen wolle. Na klar. Vom Parkplatz an einem der vielen sunset spots liefen wir los. Hier gibt es sporadische Wegmarkierungen.

Pastellfarbenes Gestein im Rose Valley.

Im Rose Valley dominieren die Pastellfarben. Wieder hatte ich das Gefühl, in den Kulissen eines Sci-Fi-Films gelandet zu sein.

Es war zwar noch Vormittag, aber außer uns war so gut wie niemand unterwegs. Die einzige Ausnahme war eine kleine Gruppe, die wir im Café trafen. Sie waren mit dem Pferd unterwegs – türkischstämmige Deutsche, die etwas gestresst vom Abenteuer Ausritt wirkten. Die Pferde sahen gelassener aus.

Pferde warten im Rose Valley auf ihre Reiter, die im Café Pause machen.

Schließlich kamen wir in Çavuşin an, wo sich unsere Wege trennten: Die Niederländer fuhren mit dem Taxi zurück nach Göreme, ich lief weiter in Richtung Paşabaği.

Çavuşin.
In Çavuşin.

Der Weg schlängelte sich zunächst ganz harmlos durch den oberen Ortsteil vorbei an einer Felsenkirche, einer Moschee und einer Katze…

… die Katze war dann auch das letzte Lebewesen, das ich für einige Zeit sah. Der Pfad war im weiteren Verlauf zwar immer gut erkennbar, aber es wurde mitunter ziemlich steil und rutschig. Das kann gefährlich werden, wenn man so von der tollen Landschaft abgelenkt ist. 🙂

Schließlich näherte ich mich dem Zelve Freilichtmuseum – und stand plötzlich vor einem Zaun. Wie konnte das sein, der war doch gar nicht in der Wegbeschreibung erwähnt?? Hier musste ich also runter vom Weg und einen Zugang suchen. Den gibt es auch, denn das Museumsgelände ist nicht komplett umzäunt. Ich musste allerdings etwas durchs Unterholz steigen und klettern. Die Museumsbesucher, die von der anderen Seite auf die gleichen Felsen geklettert waren, um Fotos zu machen, staunten nicht schlecht, als ich mich von hinten an sie anschlich.

Das Museum soll sehr interessant sein, ich war zu diesem Zeitpunkt aber schon ziemlich müde von der Hitze. Warum ich an dieser Stelle nicht einfach ein Taxi nach Göreme nahm, ich weiß es nicht. Statt dessen lief ich noch querfeldein bis nach Avanos weiter. Wahrscheinlich, weil es dort viele kleine Keramikläden gibt. Und Eis. Das war dringend nötig. Denn der Weg dauerte deutlich länger, als er auf der Karte ausgesehen hatte. Trotzdem war es eine tolle Tour, die ich jederzeit erneut machen würde.

Göreme oder nicht?

Solltest Du in Göreme übernachten oder lieber in einem anderem Ort? Berechtigte Frage.

Göreme ist zwar nur ein kleiner Ort, aber das Touristenzentrum in der Gegend. Es gibt also überall Souvenirshops, Hotels und Restaurants. Da ist natürlich nichts mehr mit beschaulichem Dorfleben. Andererseits ist die Infrastruktur sehr gut, und es gibt Busverbindungen, auch in die umliegenden Dörfer.

Bei der Vorbereitung der Reise hatte ich ein paar Beschreibungen gelesen, die so klangen, als sei man außerhalb von Göreme automatisch in der „echten“, touristenfreien Türkei. Das ist natürlich Quatsch. Die Einheimischen lassen sich doch nicht das Touri-Geschäft entgehen, bloß weil sie in einem kleinen Dorf leben.

Meine Empfehlung: Überleg Dir, was Du machen möchtest, und wie mobil Du bist. Hast Du ein eigenes Auto zur Verfügung oder kein Problem damit, öfter Taxi zu fahren? Dann such Dir ruhig eine Unterkunft in einem kleineren Dorf. Für meine Situation war Göreme sehr gut geeignet: Wandermöglichkeiten, Restaurants, Überlandbusse.

Grundsätzlich: Es kann sich lohnen, die genaue Lage der Unterkunft auf der Karte anzusehen – im Zentrum kann es schon mal lauter werden. Göreme ist in Teilen auch sehr steil, möglicherweise kann das Taxi nicht direkt bis vor die Hoteltür fahren.

In Göreme und den umliegenden Orten gibt natürlich auch eine Menge Höhlenhotels. Muss man sich überlegen, ob man dort übernachten möchte. Ich habe mich dagegen entschieden, nachdem ich an verschiedenen Stellen gelesen hatte, dass die Zimmer mitunter recht muffig seien, weil die Luftzirkulation nicht so gut funktioniert. Die cave hotels sind natürlich auch deutlich teurer als „normale“ Hotels vergleichbaren Standards.

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