Im Rahmen der Wanderreise nach Swanetien waren wir nicht nur in den Bergen, denn da muss man ja auch erstmal hinkommen. Von Tbilisi fährt man an die 10 Stunden nach Mestia, da waren wir natürlich froh, diese Strecke in Häppchen zu unternehmen. Unterwegs sahen wir die alte Hauptstadt Mtskheta sowie Kutaisi und Gori.
Später war ich noch auf eigene Faust in Südgeorgien, auf der Georgischen Heeresstraße und in Kazbegi/ Stepantsminda. Vielleicht interessieren Dich auch Infos zur Organisation der Reise.
Tbilisi
Uns eher als Tiflis bekannt, heißt die georgische Hauptstadt schon seit 1936 Tbilisi. Sie blickt, ebenso wie das ganze Land, auf eine illustre Geschichte zurück und ist irre atmosphärisch.
Im Rahmen der Wanderreise verbrachten wir leider nur den ersten Tag und den letzten Abend hier. Am ersten Tag gab es – natürlich – eine Stadtbesichtigung, in der wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Altstadt abklapperten. Bei dieser Besichtigung zeigte sich dann bereits, dass unsere Reiseleiterin Katja deutlich bessere Kenntnis der Bibel und der russischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts bei uns voraussetzte, als wir alle zusammen vorweisen konnten. Wir standen dann da und machten ein ernstes Gesicht – wie früher in der Schule, wenn man inständig hofft, dass man jetzt nicht aufgerufen wird. Ein paar wild durcheinander gewürfelte Eindrücke:
Ein Tag in Tbilisi reicht natürlich nicht aus, wenn man sich etwas genauer umsehen möchte. Die Stadt hat eine ganz eigene Atmosphäre und ist gerade abends sehr lebhaft. Zum Ende meiner selbst organisierten Reise verbrachte ich noch drei weitere Nächte in Tbilisi. Da die Tagestemperaturen jenseits der 35 Grad lagen, zog ich ein entspanntes Programm (kicher) aus Museen (Museum of Fine Arts, Nationalmuseum, Nationalgalerie, Tbilisi MoMA), Fußmassagen und Eisessen durch. Ich besuchte die Neustadt und kletterte in möglichst vielen Gassen der Altstadt umher. Eine „Hidden Tbilisi“ Tour brachte ich auch noch unter (war gut, hätte aber auch etwas mehr „hidden“ sein können). Wem das alles zu viel ist, der kann sich auch einfach in eines der viiiiielen Restaurants oder in die nächstgelegene Weinbar zurückziehen.
Balkone
Was sofort ins Auge sticht, sind die Balkone. Ob der Balkon außen oder im Innenhof ist, verrät das Alter des Gebäudes. Sie sind meist aus Holz und aufwendig verziert.
Altbauten überall
Bei aller Dynamik, eine Art kaukasisches Dubai sollte man in Tbilisi nicht erwarten. Hier blitzt und blinkt nur wenig. Viele Häuser benötigen dringend eine Restaurierung – und doch sind viele vermeintliche Ruinen noch bewohnt. In Avlabari auf der rechten Flussseite, erzählte Katja, gibt es viele Leute, die sich den Unterhalt ihrer Häuser schlicht nicht leisten können. Kommt ein Investor und bietet ihnen Geld, verkaufen viele – das Haus wird abgerissen und ein Hotel errichtet.
In bestimmten Vierteln der Altstadt sieht man sehr deutlich, wie reich die dortigen Bewohner einmal waren. Hier gibt es riesige Häuser, deren Eingangstüren häufig offen stehen bzw. offen in den Angeln hängen. Wenn man hineingeht, steht man in großzügigen Eingangsbereichen mit Wandmalereien, Marmorboden, enormen Treppen und geschmiedetem Geländer. Diese ursprünglich Einfamilienpaläste wurden von den Sowjets enteignet und mit Menschen vollgestopft; Wandmalereien wurden konsequent übertüncht. Auch hier bröselt heute (wenig überraschend) vieles. Und da es fast immer düster ist, sind Innenaufnahmen schwierig.
Museen in Tbilisi
Das Nationalmuseum hat Außenstellen, unter anderem in Akhaltsikhe. Der Aufbau der Ausstellung erschien mir ähnlich, vieles kam mir bekannt vor. Im obersten Geschoss gibt es eine Ausstellung zur sowjetischen Besatzung, also die Zeit, in der Georgien sich zur UdSSR zählen „durfte“. Leider gibt es nur wenige englische Erklärungen und wenig Kontext. Bedrückend ist die Ausstellung natürlich allemal, nicht zuletzt, wenn man sich vor Augen führt, wie viele Georgier erschossen oder deportiert wurden.
Die Schatzkammer im Erdgeschoss war dagegen feel-good. Hier wird Schmuck ausgestellt, teilweise mehrere Tausend Jahre alt, aber durchaus in Designs, die ich auch heute tragen würde. Ich war voll in meinem Element.
In den Kunstmuseen, insbesondere im Museum of Fine Arts, gibt es die volle Dröhnung georgische Kunst. Wer nur Monet und Picasso mag, wird hier enttäuscht werden. Ich hatte bis dato bestenfalls Niko Pirosmanashvili wahrgenommen, und das auch nur periphär. In Georgien begegnet man seinen Bildern fast überall.
Die georgische Kunst weist eine enorme Bandbreite auf. Das war sehr spannend zu sehen, auch wenn ich mir nicht alles über den Kamin hängen wollte.
Street Art
Es geht auch ohne Museumsticket: In Tbilisi begegnet man, wie im ganzen Land, viel Street Art.
Mtskheta
Dieser Zungenbrecher war die erste Hauptstadt Georgiens. Wie etwa das halbe Land ist sie UNESCO-Weltkulturerbe. Leider hatten wir nur wenig Zeit und stoppten lediglich an der Jvari-Kirche und an der Swetizchoveli-Kathedrale. Ich hätte gerne noch mehr Zeit in Mtskheta verbracht, aber das muss wohl bis zum nächsten Mal warten.
Jvari ist die Kirche auf dem Berg. Von oben hat man den tollen Blick auf die Stadt und den Zusammenfluss von Kura und Aragwi, der in keinem Prospekt oder Blog fehlen darf:
Auf dem Weg zur Kathedrale geht man durch einen Basar, wo die ganze Bandbreite georgischer Waren feilgeboten wird. Gar nicht schlecht zum Teil. Der Silberschmuck sah interessant aus. Die Kathedrale selber auch, hier stolperten wir unabsichtlich in eine Trauung:
Kutaisi und Umgebung
Kutaisi war unser Übernachtungsort auf der Fahrt nach und von Swanetien. Hier war es noch heißer und schwüler als in Tbilisi. Von der Stadt sahen wir leider vergleichsweise wenig. Natürlich fuhren wir zur dortigen Kathedrale – die war mal Weltkulturerbe, bis man beschloss, im Rahmen der Restaurierung einen Aufzug einzubauen. Das fand die UNESCO nicht so gut. Wesentlich interessanter fand ich aber die Gesangsdarbietung, die unsere Reiseleiterin Katja für uns organisiert hatte: Georgien ist ja für seine polyphonen Gesänge bekannt (Weltkulturerbe, ich sag’s ja nur), und diese lernten wir während eines kurzen, sehr stimmungsvollen Konzerts kennen.
Auf der Rückfahrt nach Tbilisi war noch Zeit für einen kurzen Stadtrundgang.
Okatse Canyon
Der Besuch um Okatse Canyon war regulärer Programmpunkt. Dieser Canyon ist etwa eine Stunde Fahrtzeit von Kutaisi entfernt. Vom Besucherzentrum aus läuft man ca. 2,5 km durch den Wald und dann über einen hängenden Pfad über der Schlucht.
Lohnt sich das? Wenn man noch nie so eine Schlucht gesehen hat, dann auf jeden Fall. Wenn man einen netten Ausflug von Kutaisi sucht, dann auch. Wenn man aber schon öfter in und über Klammen unterwegs war (und außerdem noch eine sechsstündige Fahrt nach Swanetien vor sich hat), kann man den Canyon aus meiner Sicht getrost link liegen lassen.
Martvili Canyon
Der Martivili Canyon ist gar nicht so weit vom Okatse Canyon entfernt, sieht aber ganz anders aus. Nachdem er früher einer örtlichen Adelsfamilie zum Vergnügen gereicht hatte, ist er heute bestens touristisch erschlossen. Für georgische Verhältnisse ist er dem entsprechend teuer.
Wir kriegten das volle Programm: Fahrt mit dem Schlauchboot, Wanderung im Canyon. Die Bootsfahrt war schon allein deshalb sehr willkommen, weil es auf dem Fluss merklich kühler war. Leider war sie viel zu schnell vorbei. Es war voll an dem Tag, die Leute standen Schlange. Da hatte unser Bootsführer natürlich wenig Interesse, mehr Zeit mit uns zu vertrödeln als unbedingt nötig.
Der Rundweg durch den Canyon ist auch nur so 700 m lang. Hier wimmelte es natürlich vor Influencern und solchen, die es werden wollen. Wir erkämpften uns durch Drängeln einen guten Platz für ein Gruppenfoto.
Töpfermarkt
Wenn man von Kutaisi aus nach Westen fährt, begegnet man immer wieder „Verkaufsclustern“. Hier werden auf einmal massenhaft ähnliche Waren angeboten: Hängematten und Campingstühle, süßes Brot mit Rosinen und am Rikoti-Pass Haushaltswaren und Touri-Kitsch aus Keramik. Aktuell wird in der Gegend mit Hilfe der chinesischen Belt and Road Initiative eine neue Schnellstraße gebaut. Diese wird sicher profunde Auswirkungen auf diese ganzen Kleinunternehmer haben.
Gori
Dem Namen Stalin entkommt man in Georgien nur schwer – in Gori wurde Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili geboren. Hier ist man noch mächtig stolz auf seinen berüchtigten Sohn; die Stadt ist laut Katja die einzige in Georgien, in der es noch einen Stalin Prospekt gibt. Außerdem kann man sein sehr bescheidenes Geburtshaus, ein pompöses Museum (Ausstellung wohl im Originalzustand seit Eröffnung im Jahr 1957) und seinen Eisenbahnwaggon besichtigen. Nun gut, wer’s braucht. Wir hatten kein Interesse, das Museum zu betreten.
(In Tbilisi waren wir in der Kirche, die zu Sowjetzeiten als Gefängnis genutzt wurde und in der Stalin auch inhaftiert war. Leider haben sie ihn wieder rausgelassen.)
Uplistsikhe
Eigentlich waren wir nur in Gori, weil wir Uplistsikhe besuchen wollten. Dies ist eine Höhlenstadt, in der einmal bis zu 5.000 Menschen lebten. Es war brüllheiß, ich ging an dem Tag sowieso schon auf dem Zahnfleisch, daher bin ich ganz erstaunt, dass es mir dann doch gelungen ist, ein paar brauchbare Fotos zu machen:
Und weil es so schön war, setzte ich gleich am folgenden Tag eine Besichtigung der Höhlenstadt Vardzia in Südgeorgien drauf…
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