Yes, I can! Was ich auf Reisen über mich gelernt habe

Mein Beitrag zur Blogparade "Was ich auf Reisen über mich gelernt habe"

In meiner Blogparade im Sommer 2024 frage ich passend zur Reisezeit nach Deinen #ReiseLearnings: Was hast Du auf Reisen (über Dich) gelernt? Denn das Reisen, gerade das auf eigene Faust, ist bisweilen doch eine Extremsituation, die neue Erkenntnisse bereitstellt: über die eigene Persönlichkeit, die eigenen Fähigkeiten, die eigenen Grenzen.

Natürlich mache ich den Anfang. 😉

Yes, I Can!

Die wichtigste Erkenntnis: Ja, ich kann das. Ich kann mir eine Route ausarbeiten, ich kann sie ausreichend detailliert planen, ich kann bei Bedarf flexibel reagieren. Ich kann Logistik organisieren, mich ins Abenteuer stürzen, mich in ungewohnter Umgebung zurechtfinden, neue Erfahrungen machen. Und alles ohne Angst.

Julia Pracht steigt durch eine enge Stelle im Fels.
Und wenn es mal eng wird, muss man halt schauen, wie man da durchkommt. Foto: Adam Bautz.

Ich kann sogar in Spanien Auto fahren. 😉 (Das fand meine Schwester ziemlich bemerkenswert.)

Ich komme gut mit mir selbst klar

Gute Selbstgespräche erfordern bekanntlich einen intelligenten Gesprächspartner. Genauso erfordern gute Reisen allein einen entspannten Reisepartner. Sonst wird es schnell unangenehm, wenn man täglich sein Spiegelbild anschreit.

Beispielbild für konstruktiven Umgang mit Spiegelbildern. 😉

Ein gutes Verhältnis zu sich selbst ist aus meiner Sicht einer der wirklich ausschlaggebenden Faktoren, wenn man allein unterwegs ist. (Wenn Dich die anderen interessieren, schau Dir gerne meine Mindset-Fragen an.) Natürlich ärgere auch ich mich über mich selbst, regelmäßig sogar. Aber im Großen und Ganzen haben wir ein gutes und konstruktives Verhältnis miteinander, me, myself and I.

Und manchmal brauche ich auch einfach nur eine halbe Stunde meine Ruhe, um wieder mit mir ins Reine zu kommen. Dass ich die entsprechenden Signale wahrnehme und ihnen folge, gehört für mich auch zu dem guten Verhältnis zu mir selbst.

Ich kann ja doch mit Fremden reden!

Neue Leute kennenzulernen, war für mich lange Zeit ein ziemlicher Horror. Vorgestellt zu werden, das ging ja noch. Auf Unbekannte selbst zuzugehen, war hingegen weitgehend unvorstellbar. Der bloße Gedanke trieb mir Schweißperlen auf die Stirn.

Zum Glück kann ich ganz gut allein sein.

Aber dann war ich zum ersten Mal länger unterwegs und stellte nach einer Weile fest: Ich hatte das starke Bedürfnis, mit einem anderen Menschen zu sprechen. Und zwar richtig. Nicht nur bei der Bestellung im Café oder beim Check-in im Hostel.

Also tat ich das bislang Undenkbare: Ich ging auf eine andere Reisende zu und sprach sie an. Zu meinem großen Erstaunen lief sie nicht gleich weg. Wir unterhielten uns, eine ganze Weile und sehr nett sogar. Derart ermutigt probierte ich es wieder, und siehe da: Es funktionierte. Nicht immer, aber meistens. So habe ich auch damals in Burma Svenja und Ralph kennengelernt. Mit ihnen habe ich mehrere Tage verbracht – mit anderen nur einen Abend oder eine Busfahrt. Völlig egal. Es waren meistens bereichernde Begegnungen.

Seitdem hat sich viel getan. Ich bin zwar noch immer nicht wie mein Freund Maz, der einen Raum mit 15 fremden Menschen betritt und eine Stunde später mit wirklich jedem gesprochen hat. Und alle finden ihn super. (Maz ist auch super. Natürlich haben wir uns kennengelernt, weil er mich angesprochen hat.) Aber ich weiß: Es gibt ziemlich viele Menschen, denen es ähnlich geht wie mir damals. Die sich auch freuen, neue Leute kennenzulernen. Und die dankbar sind, wenn jemand anderes das Gespräch beginnt.

Inzwischen mache ich sogar Museumsführungen, wo ich die Leute nicht nur ansprechen, sondern auch noch bei Laune halten muss. Das macht richtig Spaß!

Ich bin ein extrem verbaler Mensch

Und deshalb fällt es mir auch nach vielen Jahren noch schwer, wenn ich mit meinem Gegenüber nicht gut verbal kommunizieren kann, weil da zum Beispiel eine Sprachbarriere ist.

Das ist noch ein weites Lernfeld für mich.

Ich schlafe lieber in geschlossenen Räumen

Also in solchen mit vier (oder mehr) Wänden. Richtigen Wänden.

Klar, so bin ich aufgewachsen. Natürlich hieß es zuhause immer „Fenster auf, lüften!“ Aber im Freien zu schlafen, wäre für meine Eltern nicht infrage gekommen. Das wäre dann doch zu viel Frischluft gewesen.

Nie habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was für ein Gewohnheitstier mein Körper wohl sein könnte. Bis ich in Simbabwe in einer ganz wunderbaren Unterkunft, der Ivory Lodge, landete. Da hatte jeder sein eigenes Chalet, also so eine Art Bungalow auf Stelzen. Diese Chalets hatten drei normale Wände. Die Front inklusive der Zimmertür war allerdings nur halbhoch und ansonsten offen, um freien Blick auf das Wasserloch zu gewähren. Dort fanden sich regelmäßig Elefanten und andere Tiere ein. Es war wie ein riesiger Fernseher.

Im Hintergrund sind Elefanten, ich schwöre es.

Nachts lief der Fernseher weiter. Denn die Chalets hatten keine Fensterscheiben, nur so Rollos, die man herunterlassen konnte. Am frühen Morgen brüllte ein Löwe in der Nähe.

Kann ich bei laufendem Fernseher schlafen? Nicht wirklich. Es waren unruhige Nächte.

Würde ich trotzdem sofort nochmal hinfahren? Absolut.

„Du bist so mutig!“ Wie andere mich sehen

Selbstbild und Fremdbild gehen bekanntlich bisweilen stark auseinander. In den letzten Jahren ist mir immer wieder klar geworden, dass Dinge, die für mich völlig normal sind, für andere Menschen mitunter weniger selbstverständlich sind. Zum Beispiel, allein und selbstorganisiert auf Reisen zu gehen.

Meine Art des Reisens kam mir nie so ungewöhnlich vor. Vielleicht lag das daran, dass ich gerade in den ersten Jahren viel in „typischen“ Backpacker-Ländern, z. B. in Südostasien, unterwegs war. Da liefen ja alle so herum wie ich – nur erschienen mir die meisten anderen viel erfahrener und cooler als ich.

Für mich war es also ganz normal, nur den Flug und die erste Übernachtung zu buchen. Alles Weitere würde sich schon im Laufe der Reise ergeben. Daher war ich ganz schön baff, als meine Physiotherapeutin mich vor einer Reise mit großen Augen ansah und sagte: „Du bist so mutig! Dass du dich das traust!“ Als besonders mutig hatte ich mich nie empfunden. Ich bereitete mich schließlich vor und fuhr nicht in irgendwelche Kriegsgebiete. (Sie hatte sich zu der Zeit übrigens gerade mit ihrem Mann ein Haus für eine Million Euro gekauft. Das wiederum fand ich unfassbar mutig.)

„Alles, nur kein Standard und kein Alkohol“, meinte meine Schwester. Das trifft es schon eher in meinen Augen.

Ich sammele hier noch Input und hoffe, diesen Abschnitt weiter ausbauen zu können. Hinterlasse mir gerne einen Kommentar zu diesem Thema!

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6 Kommentare

  1. Liebe Julia,

    ich entdecke da einige Parallelen zwischen uns! Vor allem die Erkenntnis, dass ich zu vielem fähig bin, was ich mir vielleicht selbst gar nicht zugetraut hätte: Fremde anzusprechen, es gut mit mir allein aushalten zu können, mich fast überall gut zurechtzufinden und sogar in anderen Ländern dauerhafte Freundschaften zu knüpfen. Dass ich mutig sei, habe ich auch schon öfter gehört – insbesondere bei meinen vielen Reisen nach Afrika. Stoff für deine Blogparade, an der ich mich definitiv beteiligen werde 😃

    Herzliche Grüße
    Angelika

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