Im Dezember ist mir jegliches Zeitgefühl abhandengekommen. Bis etwa zum 18. war ich mir ganz sicher, dass Weihnachten noch mehrere Wochen entfernt sei. (Daher fiel das Weihnachtsessen auch nicht sehr festlich aus.) Mit dem Adventskalender hatte ich aus akutem Anlass schon im November angefangen, vielleicht hatte das auch damit was zu tun.
Apropos Adventskalender: Die tolle Pralinenmischung im Bild oben hat mir die beste Schwester der Welt geschenkt. 😊
Als dann Weihnachten war, hatte ich den Eindruck, der Monat sei verflogen, ohne dass irgendetwas passiert sei. Zum Glück erinnert mich das Schreiben des Monatsrückblicks immer daran, dass doch was los war.
Schweinsbraten, Leberkäs, Helles: Mein neues Leben als food tour guide
Vor wenigen Wochen hatte ich erst das Vorstellungsgespräch, jetzt fühle ich mich schon wie ein alter Hase: Im ersten Monat habe ich fünf Fresstouren in München geleitet. Dass es so schnell anläuft, hätte ich nicht gedacht. Vier weitere Anfragen musste ich ablehnen, eine wurde kurzfristig von den Gästen storniert. Die hatten morgens noch gefragt, ob ich sie nicht an ihrem (sauteuren) Hotel abholen könne – sechs Stunden später kam die Absage.
Früher war es eine Horrorvorstellung für mich, fremde Menschen herumführen zu müssen. Jetzt macht es mir total Spaß. Ich lerne neue Leute kennen – bisher aus Island, USA, Kanada und Australien. Ich kann mit meinem Wissen glänzen und lerne selbst dazu – woher kommt eigentlich der Begriff Leberkäse? Und bezahlt werde ich dafür auch noch. Es ist also quasi perfekt. (Und wenn es mal nicht perfekt ist, ist es nach drei Stunden vorbei.)
Überhaupt Leberkäse. Der ruft ja sehr gemischte Reaktionen hervor. Die Amerikaner fragten mit hochgezogenen Augenbrauen, ob es sich um spam (ein Arme-Leute-Essen) handele, und fanden ihn gar nicht gut. „Das liegt daran, dass sie Amerikaner sind“, zischten mir die Kanadierinnen zu (die sich sogar mutig durch die Weißwurst kämpften). Alle anderen Gäste fanden ihn super. Und die Auszogenen lieben wirklich alle.
Was gibt es auf so einer Tour außer Leberkässemmeln eigentlich zu essen? Natürlich Schweinsbraten. Und was esse ich? Suppe. Oder auch mal Apfelstrudel. Theoretisch könnte ich diese Tour zehnmal wöchentlich durchführen – selbst wenn ich gerne Fleisch äße, hinge es mir sehr schnell zum Hals raus. 😄
Mein überraschendstes Learning bislang? München ist eine wirklich günstige Stadt. Das fanden zumindest meine ersten Gäste, die aus Island kamen. Sie hatten am Vorabend gedacht, man hätte ihnen im Restaurant die falsche Rechnung gegeben … der Betrag war so gering. 🥴
Treffpunkt für die Touren ist immer vor dem Jagd- und Fischereimuseum. Da war ich als Kind mal drin und bin seitdem tausende Male daran vorbeigelaufen. Der Eber vor dem Eingang ist nicht zu übersehen – aber mir war bislang nicht klar, was für ein beliebtes Fotomotiv der ist. Da bleiben wirklich quasi alle stehen.
Was mir auch nicht klar war: Wie viele Menschen tatsächlich nur wegen der Weihnachtsmärkte nach Deutschland reisen. Ich dachte, das ist so etwas, was man eher zufällig im Rahmen einer Deutschlandreise mitnimmt. Aber meine Gäste aus Kanada waren nur deswegen in München. Vier Tage lang, dann ging es wieder nach Montréal. Leider sind sie nicht so wirklich über die innerste Innenstadt hinausgekommen …
Ich bin sehr gespannt, wie es im neuen Jahr mit den Touren weitergeht. Aber zunächst werde ich mal was zum Thema Weihnachtsmärkte bloggen. 🤭
Ausflug des Monats: Basel & Freiburg
Wo wir schon beim Thema sind: Auch ich verspürte den Drang, einen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Also fuhr ich nach Basel. Ok, eigentlich wollte ich die Matisse-Ausstellung in der Fondation Beyeler ansehen. Die war, wie könnte es anders sein, hervorragend. Und außerdem soll der Weihnachtsmarkt in Basel ja so schön sein.
Kulturell war der Trip ein voller Erfolg. Neben der Matisse-Ausstellung gab es in der Fondation wie immer einige Werke aus der eigenen Sammlung. Das Kunstmuseum Basel zeigte unter anderem Paula Rego … nicht ganz mein Fall. Im Museum der Kulturen wurde auf jeder Etage eine andere Fragestellung bearbeitet, und dann landete ich auch noch völlig ungeplant im Naturhistorischen Museum. Denn hier lief gerade die Wildlife Photographer of the Year Ausstellung. Die ist ja immer beeindruckend, auch wenn ich schon Bilder gesehen habe, die mir besser gefielen.
Weil Basel ein teures Pflaster ist und das Trinkgeld noch nicht in Strömen fließt 😂, übernachtete ich in Lörrach, also in Deutschland. Da war auch Weihnachtsmarkt. Und was für ein netter! Tatsächlich fast nur regionale Aussteller, tolle Produkte – ist mir da ein Schneidebrett aus Nussbaumholz in die Tasche gefallen? – und vor allem unfassbar günstig. 2 € für einen warmen Saft? Glühwein 3,50 €? Ich glaubte zunächst an eine versteckte Kamera. Dann habe ich mich zwei Abende lang kreuz und quer über den Markt gefuttert.
Den Weihnachtsmarkt in Basel fand ich übrigens gar nicht so bemerkenswert …
Auf dem Rückweg nach München war ich endlich mal in Freiburg. Ich weiß nicht, ob ich was Komisches gegessen hatte, aber so richtig umgehauen hat mich die Stadt nicht. Zum Herumlaufen war es nett, aber dann war es auch wieder gut. Immerhin gab es am Münster einen sehr schönen Wochenmarkt (mit fünf Wurstständen nebeneinander …), denn was ich an Weihnachtsmarkt gesehen habe, überzeugte nicht wirklich. Doch als ich ein sehr gutes Schokoladengeschäft gefunden hatte, war natürlich alles wieder gut. Und der Zug nach München fuhr auch pünktlich.
Kultur, Kultur
Den ersten Kulturfix des Monats hatte ich in Basel ⬆️. Danach war ich auch ziemlich platt. 😄 Zum Glück gab es auf dem Weihnachtsmarkt reichlich Crêpes.
Wenn mir die food tours und die Fragen meiner Gäste eines gezeigt haben, dann das: Ich muss dringend mein Wissen über die Geschichte Münchens und Bayerns aufmöbeln. Dank Google weiß ich jetzt schon, dass der Kern der Münchener Residenz die Neuveste aus dem Jahr 1385 war. Und dass München 1158 erstmals urkundlich erwähnt wurde, muss ich inzwischen nicht mehr nachsehen.
Das reicht natürlich noch nicht. Um mir die Residenz mal wieder von innen anzusehen, machte ich mich vor Weihnachten auf in die Innenstadt. Leider kam ich nur bis zur Kunsthalle, wo gerade eine tolle Ausstellung über den Münchener Jugendstil läuft.
Ganz unerwartet gab es hier eine Verbindung zum Alpinen Museum: Das Fotostudio Elvira, dessen Außendeko hier nachgebaut wurde (im Bild ganz links) wurde von Anita Augspurg und ihrer Partnerin Sophia Goudstikker geführt. Frau Augspurg, die zu den führenden Frauenrechtlerinnen ihrer Zeit zählte, wurde mal auf der Praterinsel verhaftet, weil sie Männerhosen trug …
Zwei Tage später stand ich in der Schatzkammer der Residenz. Da war es nicht ganz so krass voll wie im Residenzmuseum. Die anderen Gäste schienen vornehmlich aus Asien und Nordamerika zu kommen.
Kurz vor Jahresende war ich noch mal im Ballett: La Sylphide. Wie beim letzten Mal sah ich quasi nichts, da die Dame vor mir sich besonders groß machte. 🙄 Der klare Nachteil davon, dass alle jetzt so große Fernseher zuhause haben: Man ist daran gewöhnt, alles in groß zu sehen und macht sich nicht mehr klar, dass man im Theater (oder im Kino) nicht alleine ist.
Und zu allerletzt – an Silvester – war ich im Olaf Gulbranson Museum, um mir die Christian Rohlfs Ausstellung anzusehen. Die war wirklich sehr schön.
Und so endete das Jahr, wo es begonnen hatte – am Tegernsee.
Was sonst noch los war
Weiße Weihnacht!
Zumindest weißer als in den vergangenen Jahren. Am 24. Dezember lag ein kleines bisschen Schnee in München, am nächsten Tag hatte er sich zumindest im Westpark an den Nordhängen noch gehalten. Der Westsee war halb gefroren und hatte eine strukturierte Oberfläche, die „sang“, wenn man Eisbrocken darüber gleiten ließ. Habe ich auch noch nie erlebt.
Familientreffen
Am 2. Weihnachtstag gab es wieder ein Familientreffen in Hannover. Leider hatten wir im Hotel diesmal nicht das Glück, ein Familienzimmer mit zwei Schlafzimmern zugeteilt zu bekommen. So musste mein Neffe mit dem Schlafsessel kämpfen. Und meine Schwester und ich damit leben, dass er mitten in der Nacht im Schlaf spricht. Zum Glück hatten wir alle so viel gegessen, dass wir quasi komatös waren.
Schön war es trotzdem. 😍
Nachts im Museum
Eigentlich nutze ich die Weihnachtszeit immer dazu, mir ein paar neue und aufwendige Rezepte vorzuknöpfen. Das hatte ich leider nicht bedacht, als ich mich selbstlos zum Wochenenddienst im Museum meldete. 😂 Na gut. Dafür war im Museum Action. Der Besucherandrang ist ja leider absolut nicht vorhersehbar. Ok, im Sommer, wenn es warm ist und vielleicht noch Ferien, kommen nur wenige Gäste, das wissen wir. Aber wie es direkt nach Weihnachten werden würde? Keine Ahnung. Es standen dann doch erstaunlich viele Menschen bei uns, trotz der Kombination aus sonnigem, trockenen Wetter und Schulferien.
Am Sonntag hatten wir auch noch einen Einbruchsalarm. Das passiert immer wieder mal, meistens ist es aber nur ein Fehlalarm. Aber diesmal war tatsächlich etwas passiert! Ein kleiner Junge war in einer Hütte innerhalb der Dauerausstellung eingeschlafen – seine Eltern hatten ihn dort gelassen und waren in die Sonderausstellung gegangen. (What??? Wie kommt man dazu, sein Kind in einem Museum einfach alleine zu lassen, wir sind hier schließlich nicht im Småland!?)
Jedenfalls haben wir ihn eingeschlossen, und er hat dann den Alarm ausgelöst. 🙈 Positiver Nebeneffekt: Wir konnten trainieren, wie man den Alarm zurücksetzt.
Dinge, von denen wir dachten, wir brauchen sie nicht mehr
Meinen Dosenöffner hätte ich beim letzten Umzug fast aussortiert. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann ich ihn zuletzt benutzt hatte. Kein Wunder, hat doch jede Dose heutzutage einen Aufreißdeckel.
Jede Dose??? Nein! Die große Dose von TRS hatte keinen. Und jetzt überlege ich schon die ganze Zeit, ob ich damals in England häufig einen Dosenöffner verwendet habe …
Esoterik
Ob ich das Buch „Gefährlicher Glaube“ von Pia Lamberty und Katarina Nocun kennen würde, fragte Verena mich. Das solle ich doch bitte mal lesen, sie würde gerne meine Meinung dazu hören.
Also habe ich mir dieses Buch besorgt. Nun, was soll ich sagen. Auf mich wirkt es ein bisschen wie eine Mischung aus Seminararbeit und rage bait. Es liest sich schnell, aber ich bin noch nicht ganz fertig damit.
Ich finde es bislang sehr schwarz-weiß. Entweder man ist total gegen alles, was auch nur ansatzweise esoterisch ist, oder man ist verloren. Gerade geht es um „Runen-Yoga“ und wie man erkennt, dass das eigene Yogastudio rechtsextrem ausgerichtet ist. Dafür werden, wenn ich das richtig gesehen habe, rund zwanzig Seiten verwendet. Ich mache seit zehn Jahren Yoga und habe noch in keinem Studio Runen gesehen, aber gut, man lernt nie aus.
Ich denke, daraus wird noch ein separater Blogartikel.
Guten Rutsch!
Mehr gibt es dazu wohl nicht zu sagen. 😉