Wie schreibe ich eine wissenschaftliche Arbeit? Diese Frage stellte sich mir spätestens beim ersten Proseminar. In der Schule hatten wir diesbezüglich nichts mitbekommen, an der Uni gab es auch wenig Hinweise.
Mir wurde damals ziemlich schnell klar, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich das Projekt Seminararbeit angehen sollte. Also besorgte ich mir ein entsprechendes Buch vom Duden-Verlag, das mich erfolgreich durch die Uni begleitete – bis zur Magisterarbeit mit 120 Seiten hatte ich mich eingegroovt.
Hier habe ich ein paar persönliche Tipps sowie Hinweise aus der Sicht des Lektorats für Dich zusammengestellt. Diese hänge ich am Beispiel Magister- bzw. Masterarbeit auf, sie gelten aber genauso für Seminar- und Bachelorarbeiten und natürlich für Unis wie für FHs.
Erste Regel: Follow the Rules
Es gibt so ein paar Regeln für wissenschaftliches Arbeiten. Die muss man einfach beachten, so blöd es ist. Kreativität ist zwar gut, zu viel davon ist im Unibetrieb allerdings hinderlich. Einige dieser Regeln erwähne ich unten.
Zu Beginn unseres Studiums wurden uns keine Regeln genannt, die wir zu befolgen hätten. Mir hat es damals sehr geholfen, ein physisches Buch zu haben, das mir erklärte, wie ich zitiere, Literaturangaben mache, formatiere etc., statt mir die Infos immer wieder neu zusammenzusuchen. Google gab es damals eh noch nicht. (Ja, es gab eine Zeit vor Google. Schwer vorstellbar.)
Bei Dir kann das total anders sein. Meine Schwester studiert gerade an einer FH, wo es gleich mit einem Modul „Wissenschaftliches Arbeiten“ losging. Sofern es das bei Dir nicht gibt, frag ruhig am Lehrstuhl (oder bei Kommiliton*innen höherer Semester) nach, ob bestimmte Vorschriften oder Regeln bestehen. Falls ja: Leg Dir am besten gleich eine Dokumentenvorlage an.
Thema und Aufbau
Als erstes brauchst Du für Deine wissenschaftliche Arbeit natürlich ein Thema. Idealerweise eines, das Dich interessiert und intellektuell beflügelt, aber nicht so unbekannt ist, dass Du Dich komplett in ein neues Gebiet einarbeiten musst.
Mir fiel, als es an den Magister ging, wirklich gar kein Thema ein. Zum Glück machte mein Professor zwei Vorschläge, die auf dem Hauptseminar aufbauten, das ich gerade bei ihm belegt hatte. Scheu Dich nicht, da um Hilfe zu bitten – Themenvorschläge haben auch den Vorteil, dass sie die Betreuenden interessieren. Du musst also keine Überzeugungsarbeit leisten!
Möglicherweise wird Dein eigener Themenvorschlag abgelehnt. Wir hatten mehrere Fälle, wo sich Leute in ein Thema für ihre Dissertation verbissen hatten, unser Prof aber klar sagte, dass dieses Thema einfach nicht genug hergibt. Es bringt nichts, wenn Du Dich unbedingt durchsetzen willst – im Zweifel nervst Du die Person, die Deine Arbeit später benotet. Geh statt dessen ins Gespräch, um zu eruieren, wie Du Deinen Themenvorschlag so gestalten kannst, dass Deine Betreuer*innen damit einverstanden sind.
Besprich auf jeden Fall im Vorfeld und auch während des Schreibens immer wieder, woran Du gerade arbeitest und was Du zeigen möchtest. Durch den Kontakt mit Betreuer*in bekommst Du auch die Möglichkeit, Deine Inhalte an deren Vorstellungen anzupassen – Du schreibst schließlich nicht nur für Dich. Mein Prof fragte eines Tages, warum ich denn eigentlich diesen, aber nicht jenen Aspekt behandelte. Ich bekam direkt Schnappatmung und schrieb ihm zurück, dass wir doch gerade erst besprochen hätten, dass ich … usw. Bis er antwortete, dass eine lange Fußnote reiche, hatte ich schon ein ganzes Unterkapitel geschrieben. Geschadet hat es nicht. (Zum Glück hatte er nur wenig spontane Ideen.)
Gliederung
Einleitung, Hauptteil, Schluss – wenn es doch immer so einfach wäre. Eine gute Gliederung ist das Rückgrat einer wissenschaftlichen Arbeit.
Die Einleitung dient dazu, Deine Leser*innen auf die Lektüre einzustimmen und zusammenzufassen, was Du ihnen auf den folgenden Seiten bietest. Deshalb wirst Du sie in den meisten Fällen zuletzt schreiben. Am Anfang weißt Du ja noch nicht genau, wie Deine fertige Arbeit aussehen wird.
Der Hauptteil wird sicher in diverse Unterpunkte unterteilt werden. So weiß Dein Publikum schon beim Blick auf das Inhaltsverzeichnis, was sie erwartet. Das hilft allen:
- den Leser*innen, denn niemand will 50 Seiten ohne eine einzige Zwischenüberschrift lesen
- Dir beim Sortieren Deiner Gedanken und bei deren Darstellung
Gleichzeitig willst Du natürlich nicht zu kleinteilig werden. Du musst nicht jedem Begriff, den Du definierst, eine eigene Überschrift widmen.
Je nach Thema und Aktualität wirst Du im Schlussteil noch einmal zusammenfassen, worüber Du in Deiner Arbeit ausführlich gesprochen hast, oder Du schreibst einen Ausblick, zum Beispiel zur Frage, in welche Richtung Dein Themengebiet sich demnächst entwickeln wird.
Exkurse
Gelegentlich wirst Du in Deiner Recherche auf Aspekte stoßen, die nicht so 100 %ig zum Thema passen, aber trotzdem interessant und wichtig sind. Hier kann sich ein Exkurs anbieten. Dieser ist auch eine super Gelegenheit für Dich zu zeigen, dass Du Dich umfassend mit Deinem Thema beschäftigt hast und auch Nebenthemen sinnvoll integrieren kannst.
Der Exkurs bekommt eine eigene (untergeordnete) Überschrift. Ich persönlich würde dieser das Wort „Exkurs“ voranstellen, damit klar ist, dass der Text sich jetzt ein wenig vom Hauptpfad entfernt.
Exkurse können auch praktisch sein, wenn Du einfach noch ein paar zusätzliche Zeilen füllen musst. Natürlich sollten sie eine Ausnahme sein. Wenn Du mehr über Nebenthemen als über Dein Hauptthema schreibst, ist das leider ein klarer Hinweis darauf, dass Du entweder das Thema verfehlst oder dieses ungünstig gewählt ist.
Hinweis: Bei Seminararbeiten willst Du nicht dadurch unangenehm auffallen, dass Du vom Thema abweichst, dafür ist die Arbeit zu kurz. Verwende hier lieber eine Fußnote, wenn Du auf etwas hinweisen möchtest. Oder mach Dir eine Notiz und überleg, ob sich eine nähere Betrachtung dieser Thematik für Deine Abschlussarbeit eignen würde.
Stil und Klarheit
Mein Prof hatte immer ein Blatt an seiner Bürotür, auf dem er seine Hinweise für Magisterarbeiten zusammengefasst hatte. Am meisten ist mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben: „Ein klarer Stil ist ein Zeichen kreativer Intelligenz.“ Das gilt natürlich für jede Art von wissenschaftlicher Arbeit… und auch für nicht-wissenschaftliche Texte!
Zu Beginn meines Studiums fand ich diesen Satz sehr einschüchternd. Und in meinen ersten Seminararbeiten schrieb ich ohnehin auf gut Glück drauflos. Aber im Laufe des Studiums sollte sich schon ein Stil herausbilden, dem Du schriftlich Ausdruck verleihst.
Wichtig im wissenschaftlichen Kontext ist natürlich die Klarheit. Du erzählst ja nicht nur eine Geschichte zur Unterhaltung, die ruhig etwas chaotisch sein kann. Deine Arbeit muss logisch und stringent sein, Deine Thesen begründet. (Ja, wirklich. Du kannst nicht einfach irgendwas behaupten. Du musst erklären, wie Du darauf kommst.)
Logik und Stringenz werden leichter, wenn Du Dich nicht auf Nebenschauplätzen verzettelst. Frag Dich also immer wieder: Worum geht es in meiner Arbeit? Was will ich sagen und zeigen? Trägt das, was ich hier schreibe, zu diesem großen Ganzen bei? Wo ist der rote Faden?
Natürlich musst Du nicht schon die ganze Arbeit im Kopf haben, wenn Du anfängst zu schreiben. Ich hatte anfangs keine Ahnung, was die Schlussfolgerung meiner Magisterarbeit sein würde. Ich habe sogar mal ein Kapitel mit einer These begonnen und dann gemerkt, dass alle meine Argumente eigentlich auf das genaue Gegenteil deuten. Also habe ich die These geändert. So viel geistige Flexibilität muss sein. 😉
Auch wichtig: Grundsätzlich sollte Dein Ton natürlich nüchtern-sachlich und wissenschaftlich sein. Du bist schließlich an der Uni, nicht an der Clownsschule (obwohl es gerade in den Geisteswissenschaften auch nicht schadet, wenn Du Deinen Leser*innen gelegentlich ein Lächeln auf die Lippen zauberst). Und Du schreibst eine wissenschaftliche Arbeit, was sich in Deinem Stil widerspiegeln sollte. Aber bleib Dir trotzdem treu. Dein Satzbau ist eher kompakt? Dann bleib dabei. Es bringt nichts, jetzt damit anzufangen, besonders lange und komplexe Sätze zu formulieren. Du wirfst nicht gerne mit Fremdwörtern um Dich? Dann benutz nur diejenigen, mit denen Du Dich wohlfühlst und die in Deiner Primärliteratur ohnehin verwendet werden. Alles andere wirkt nur bemüht und künstlich. Die Personen, die Deine Arbeit beurteilen, werden im schlimmsten Fall durch ungelenke Formulierungen verwirrt. Und das willst du natürlich unbedingt vermeiden.
Deine Arbeit soll inhaltlich top, aber auch verständlich und gut lesbar sein!
Deshalb sich auch Überleitungen von Thema zu Thema so wichtig. Deine Leser*innen möchten nicht das Gefühl haben, im Kopf Achterbahn zu fahren.
(Sagt sie und geht nahtlos zum Thema Zitate über. Aber da sind Überleitungen auch wichtig.)
Zitate und Literaturangaben
Zu Schulzeiten hatte ich mich nie mit dem Thema Literaturangaben befasst. Es wartete eine steile Lernkurve auf mich, denn wie man das macht, wurde uns tatsächlich vermittelt.
Zitate
Dass Du weder Ideen noch Formulierungen klauen darfst, ist Dir ja hoffentlich klar. Im wissenschaftlichen Umfeld ist das echt kein Kavaliersdelikt. Es ist nicht nur sehr wichtig, überhaupt zu zitieren – Du musst auch korrekt zitieren.
Das bedeutet, dass Du alles, was Du direkt aus einer Quelle übernimmst, mit „Anführungszeichen“ kennzeichnen und mit einer Quellenangabe (meist per Fußnote) versehen musst. Mach das von Anfang an korrekt, sonst verlierst Du irgendwann den Überblick. Im schlimmsten Fall führt das zu unbeabsichtigten Plagiaten.
Es ist nicht zulässig, klein- oder großflächig Text ohne Kennzeichnung zu übernehmen und dann irgendwo auf der Seite, vielleicht am Ende des Absatzes, mittels Fußnote auf die Quelle zu verweisen. Das geht höchstens, wenn Du weitläufig paraphrasierst, beispielsweise: „In seinem Aufsatz ‚…‘ geht XY auf wichtige Faktoren ein, darunter…“ (gefolgt von einer Fußnote mit der genauen Quellenangabe).
Wie Du sicher weißt, werden heute quasi flächendeckend Plagiatsprüfungen durchgeführt. Da fliegst Du sofort auf. Das ist übrigens kein neues Phänomen, sondern heute einfach wesentlich leichter. Als meine Mutter in den 1960er Jahren Germanistik studierte, deckte ein Assistent ein Plagiat in einer Magisterarbeit auf – ihm kam da was bekannt vor. Er machte sich auf die Suche und wurde fündig. Das Ergebnis war, wenig überraschend, „nicht bestanden“.
Gleichzeitig muss Deine eigene geistige Leistung erkennbar sein – je höher der angestrebte Abschluss, desto mehr Brainpower wird erwartet. Eine Kommilitonin hatte die folgende Herangehensweise für ihre Dissertation: „Ich habe 40 Seiten Zitate gesammelt, daraus mache ich jetzt eine Doktorarbeit.“ Hat nicht geklappt. Unser Prof hat ihr das Ergebnis, in ihren eigenen Worten, „um die Ohren gehauen.“
Natürlich klappt das nicht! Du sollst ja nicht nur Deine Kopierfähigkeiten unter Beweis stellen und dann ein paar nette Worte um die Erkenntnisse anderer Leute ranken. Die Zitate sollen vielmehr untermauern, was Du zu zeigen versuchst. Zu allermindest sollen sie die Grundlage Deiner zu demonstrierenden geistigen Auseinandersetzung damit sein.
Schwierig ist es auch, wenn Du ganze Sätze zitierst und diese nicht in den umliegenden Text integrierst. Das Zitat kann nicht Deine eigene Schreibleistung ersetzen. Ich kenne die Situation – „oh, das ist so schön formuliert, das kann ich nicht besser machen!“ – aber Du musst zumindest einen Zusammenhang herstellen. Das geht zum Beispiel, indem Du sagst: „Wie XY so treffend formuliert: …“
Halte im Rahmen Deiner Recherche auch die Augen auf, ob Du ein (evtl. längeres) Zitat findest, das den Kern Deiner Arbeit so gut trifft, dass Du damit Deine Arbeit eröffnen kannst. Ein solches Zitat stimmt Deine Leser*innen schon mal ein und nimmt bei Dir den Druck etwas raus, denn…
Der erste Satz ist der schwierigste
So ging es mir zumindest. Ich hatte viel gelesen und wusste schon ganz gut, was ich im ersten Teil meiner Magisterarbeit darstellen wollte. Aber wie anfangen? Ich saß wie gelähmt da und starrte meinen Monitor an.
Schreib halt irgendwas, schrie ich mich schließlich selber an, du kannst das immer noch wieder löschen! Denn das ist ja nun der größte Vorteil des Computers.
Mein erster ‚erster Satz‘ blieb nicht im Original erhalten, aber er ebnete den Weg für den zweiten Satz.
Literaturangaben und -verzeichnis
Die Quellen Deiner Zitate und allgemein Deines Wissens musst Du aufführen – in den Fußnoten sowie im Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit. Das ist genauso lästig wie wichtig.
Im ersten Schritt würde ich am Lehrstuhl/Institut/Department fragen, ob es bestimmte Vorstellungen oder Wünsche gibt, vielleicht sogar eine entsprechende Handreichung. Bei uns am Amerika-Institut wurde damals zum Beispiel klar gesagt, wir hätten mit dem Format der Modern Language Association (MLA) zu arbeiten. Dann hatten wir aber immer wieder Gastlehrende, die ein anderes System nutzten. Als es an die Magisterarbeit ging, sagte unser Prof: „Mir ist es egal, welches Format Sie benutzen, aber ziehen Sie es durch.“ Deine Betreuer*innen mögen das ganz anders sehen, also klär das im Vorfeld.
Ich persönlich fand die Literaturangaben und Bibliografie immer extrem nervig. Deshalb ist es ja auch so leicht, hier zu schlampen und Fehler zu machen. Ich denke, die Wahrscheinlichkeit, dass Deine Betreuer*innen Deine Literaturliste ansehen, ist ziemlich hoch. Wenn die aussieht wie Kraut und Rüben, kann das Punktabzug geben. Daher wäre meine Empfehlung: Sorg dafür, dass die Bibliografie nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch was hermacht.
Mein persönliches Vorgehen war:
- Das geforderte Format im Vorfeld üben, und zwar für verschiedene Publikationsarten, also Monografien, Artikel etc. Wenn Du das mehrfach gemacht hast, geht es viel schneller und leichter von der Hand, und Du musst nicht jedes Mal überlegen.
- Jede, absolute jede Quelle, die Du verwendest oder auch nur darüber nachdenkst, kommt sofort ins die Bibliografie. Es ist wesentlich leichter, einen Tag vor Abgabe nicht genutzte Quellen aus der Liste zu streichen, als sich daran zu erinnern, in welcher Zeitschrift dieser eine Artikel jetzt nochmal erschienen ist.
- Alle Quellen kommen gleich im korrekten Format in die Bibliografie. Je näher die Abgabe rückt, desto weniger Nerv hast Du, Dich damit auseinander zu setzen, ob Verfasser*innen im Format Name, Vorname oder Vorname Nachname aufgeführt werden sollen. Mit Punkt oder Doppelpunkt? Kursiv oder nicht? Erspar Dir den Stress auf der Zielgeraden.
Formatierung generell
Überleg Dir im Vorfeld, welche Art von Formatierung im Text Du wie und wann einsetzen möchtest. Besprich das auch ruhig mit Deinen Betreuer*innen. Das betrifft so Sachen wie:
- Abgesehen von Zitaten, wann und wie verwendest Du ‚einfache‘ und „doppelte“ Anführungszeichen?
- Welche Begriffe setzt Du kursiv oder fett?
- Nutzt Du Formatierungen nur einmalig (z. B. bei der Definition eines Schlüsselbegriffs?), oder wendest Du die Formatierung bei bestimmten Begriffen immer an?
- Wie gehst Du mit fremdsprachigen Wörtern oder Zitaten um? Hier meine ich einerseits das Format und andererseits die Verwendung von Original vs. Übersetzung.
- Wie gehst Du mit fremdsprachigen Quellen um?
- Wie gehst Du mit Buch- oder Artikeltiteln im Fließtext um?
Insbesondere darf ich Dir ans Herz legen, die Formatierungen nicht beliebig zu vermischen. Also verwende nicht erst „einen Begriff“, dann einen Begriff und beim dritten Mal ‚einen Begriff‘. Überhaupt würde ich von der häufigen und großflächigen Verwendung kursiver Schrift abraten, das macht den Text optisch sehr unruhig.
Externes Korrekturlesen ja oder nein?
Ich habe alle meine wissenschaftlichen Arbeiten, inklusive Magister, komplett im stillen Kämmerlein geschrieben, ohne sie von anderen Korrektur lesen zu lassen. Das ist nicht jedermanns Sache. Außerdem gilt immer: Irgendwann siehst Du den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Tippfehler fallen Dir dann einfach nicht mehr auf, egal, wie angestrengt Du suchst. Wenn Du seit Monaten immer wieder an demselben Text arbeitest, ist er für Dein Gehirn total logisch, für Außenstehende vielleicht nicht.
Tust Du Dich grundsätzlich etwas schwer mit Dingen wie Rechtschreibung, Formulierungen etc.? Dann kann es sinnvoll sein, die Arbeit vor der Abgabe professionell lektorieren zu lassen. Ja, das kostet Geld. Dafür brauchst Du Dir danach keine Sorgen zu machen, dass die Arbeit wegen starker Mängel ablehnt wird.
Wenn Du soweit firm bist, was Rechtschreibung etc. angeht, findest Du vielleicht in der Familie oder im Freundeskreis jemanden zum Korrekturlesen. Die Person sollte natürlich auch mit Kommaregeln vertraut sein, denn schließlich soll sie ja Fehler finden und Dir nicht nur wohlwollend auf die Schulter klopfen. Alternativ kannst Du auch eine externe Person beauftragen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Korrekturdienste zum Teil ihre Freelancer wirklich unterirdisch bezahlen (bei Dir aber ganz gut abkassieren). Sofern es Dir (auch finanziell) möglich ist, wäre es super, wenn Du Deine Korrekor*innen bzw. Lektor*innen direkt beauftragen könntest, statt über eine große Firma zu gehen. Das Karma dankt!
Was genau passiert eigentlich beim Korrektorat bzw. Lektorat?
Fallbeispiel: Ich lektoriere eine Masterarbeit
Über die Jahre las ich im engeren Freundeskreis immer mal wieder wissenschaftliche Arbeiten Korrektur, auch eine Dissertation war dabei. Neulich fragte mich eine Freundin, ob ich mir die Masterarbeit ihrer Tochter Steffi vornehmen könne. Literaturwissenschaften, etwa 80 Seiten. Na klar.
Mit dem Thema kannte ich mich überhaupt nicht aus. Es ging um Lyrik. Den Spaß daran hat mir leider zu Schulzeiten Deutschlehrer E. E. gründlich verdorben. Das hatte für mich den Nachteil, dass ich mich richtig konzentrieren musste, um zu kapieren, worum es bei der Arbeit ging, und für Steffi den Vorteil, dass ich mit doppeltem Adlerauge las. Der Fokus auf den Inhalt führte außerdem dazu, dass ich beim ersten Durchgang einige Fehler übersah. Aber dafür lese ich ja auch ein zweites Mal.
Steffi hatte im Vorgespräch schon anklingen lassen, dass ich auf die Rechtschreibung achten müsse. Weiterhin ist mir aufgefallen, dass sie bei den Formatierungen nicht konsistent war und Zitate oft ohne Zusammenhang verwendete.
Was habe ich konkret gemacht?
- Rechtschreibung korrigiert
- Zeichensetzung – fehlende Kommas eingefügt, überflüssige entfernt, doppelte Leerzeichen gelöscht, ggf. Reihenfolge geändert (Bsp. Punkt, schließendes Anführungszeichen, Fußnote – was kommt zuerst?)
- auf mögliche Tippfehler in Zitaten hingewiesen (Zitate werden vom Lektorat generell nicht korrigiert)
- überflüssige Wörter (z. B. direkte Wiederholungen oder Redundanzen) gelöscht, fehlende hinzugefügt – wenn ich mir nicht sicher war, weil es mehrere Möglichkeiten gab, habe ich einen Kommentar eingefügt
- zu lange Sätze gekürzt, zu kurze miteinander verbunden
- auf Satzfragmente hingewiesen
- stilistisch verbessert, ohne den Ton zu verändern
- Vorschläge, wie Kapitel umstrukturiert werden könnten, um besser aufgebaut zu sein
- Kommentare eingefügt, wo ich erhebliche Änderungen hätte vornehmen müssen – Arbeit und Ton müssen erkennbar Steffis bleiben
- … und weil ich so jeck war, habe ich auch noch ein paar inhaltliche Kommentare eingefügt zu Dingen, die mir beim Lesen auf- bzw. eingefallen sind
Das soll ich auch bei Deiner wissenschaftlichen Arbeit machen? Schreib mir gerne, und wir besprechen, wie ich Dich unterstützen kann.
Ich korrigiere und lektoriere auch englische Texte.