Du planst eine Reise nach Tallinn, die Hauptstadt Estlands? Dann bist Du hier genau richtig. In diesem Artikel findest Du praktische Tipps für Deinen Aufenthalt. (An einem „richtigen“ Reiseführer arbeite ich noch.)
Tallinn, das frühere Reval, wurde offiziell im Jahr 1230 gegründet. Aber schon 1219 hatte der dänische König Waldemar die Burg auf dem Berg erobert. Der Name Tallinn wird von „Taani-linn(a)“ hergeleitet – „dänische Burg“ oder „dänische Stadt“. Auf die Dänen folgte im 14. Jahrhundert der Deutsche Orden, später Schweden und Russen. Ab 1918 war Estland kurzfristig unabhängig, bevor es im Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion angegriffen wurde.
Seine Vergangenheit als (zeitweise sehr wohlhabende) Hansestadt sieht man Tallinn noch deutlich an. Hier kannst Du leicht einige Tage verbringen.
Wenn Du sehen möchtest, wie ich meine Tage im Baltikum verbracht habe, schau Dir gerne Tag 1 – Tallinn; Tag 2 – Tallinn; Tag 3 – Tallinn – Riga und Tag 4 & 5 – Riga an. Auch für Riga habe ich Dir praktische Tipps zusammengestellt.
Was kannst Du in Tallinn machen?
Die Altstadt erkunden
Die Altstadt ist wahrscheinlich der Grund für einen Besuch in Tallinn. Woran das liegt? Tallinn hat die am besten erhaltene mittelalterliche Altstadt in Nordeuropa und gehört damit zum UNESCO-Weltkulturerbe.

In der Unterstadt, in der früher die Händler und Handwerker lebten, kann man ganz wunderbar in den Gassen herumschlendern und die Architektur bewundern. Hier sind auch heute noch einige (Kunst-) Handwerker ansässig.

Es gibt auch noch eine gut erhaltene Stadtmauer mit Befestigungstürmen, die begehbar ist (5 €).

In der Oberstadt, die früher dem König und Adel vorbehalten war, ist die Atmosphäre gleich ganz anders.

In der Oberstadt findest Du unter anderem das Parlamentsgebäude, das an die Überreste der alten dänischen Burg gebaut ist, und die Alexander-Newski-Kathedrale. Außerdem befinden sich hier drei Aussichtsplattformen, von denen aus Du einen schönen Blick auf die Unterstadt genießen kannst.

Eine Stadtführung mitmachen
Natürlich werden auch in Tallinn jede Menge Stadtführungen angeboten. Viele davon sind free tours, also auf Trinkgeldbasis. Einen guten Überblick gibt es bei Guruwalk.
Ich war mit Gleb in der Oberstadt unterwegs. Gleb ist Historiker und nimmt sein Fach sehr ernst. Es gibt also nicht nur Geschichten, sondern auch viel Geschichte.

Im Café sitzen
Cafés gibt es in Tallinn wirklich reichlich. Da fällt die Auswahl fast schwer.

Ich bin ja immer auf der Suche nach einer guten heißen Schokolade. Da liegt es doch nah, in das Café eines Schokoladenherstellers zu gehen, das direkt am Rathausplatz liegt. Ganz urig, mit Gewölben und Kellerfeeling. Die Preise sind allerdings gesalzen. 6 € zahle ich für ein Glas Kakao, das den Namen nicht wirklich verdient.
Souvenirs und Kunsthandwerk kaufen
Gelegenheiten zum Geldausgeben mittels Shopping gibt es in Tallinn wirklich mehr als genug. Nicht nur stehen überall Einkaufszentren herum. Auch die Altstadt ist reich mit Souvenirläden, aber auch mit Kunsthandwerk gesegnet. Wenn das Wetter etwas wärmer ist, gibt es sicher auch Märkte. Bei meinem Besuch standen nur ein paar ältere Leute in der Fußgängerzone, die ein kleines Sortiment anboten.
Besonders viel angeboten werden Bernstein, Strickwaren, Holzartikel und Keramik. Außerdem natürlich der Nationalschnaps. Es ist eigentlich alles teuer bis sehr teuer.

Bernstein – das war mir schon in Danzig aufgefallen – ist fast immer von nicht so schöner Qualität, dafür aber schwindelerregend teuer. Schönes Design gibt es bei Jaan Pärn im Hof der Meister. Er verkauft nur direkt, nicht in den Läden in der Stadt.
Überhaupt sind der Hof der Meister sowie die Läden in der Vene Straße und in der Katharinengasse einen Blick wert. Hier gibt es Keramik, Kleidung, Hüte, Glasarbeiten und vieles mehr.

Estonian House hat zwei Filialen in der Altstadt, wobei die am Viru-Tor etwa 30 % teurer ist als die andere. Hier gibt es u. a. Holz, Keramik, Filz, alles in Estland hergestellt.
Ebenfalls in der Nähe des Viru-Tors ist Natural Style Estonia. Hier gibt es Strickwaren. Auf Etsy gibt es einen Shop gleichen Namens, ich weiß aber nicht, ob das der offizielle Shop ist.
Etwas außerhalb der Altstadt, im Kreativzentrum Teleskivi, gibt es ebenfalls eine Auswahl an interessanten Designshops, z. B. Kelpman Textile oder Omaking.
Ein Museum besuchen
Zum Beispiel:
- Kunstmuseum KUMU
- Fotografiska (welchselnde Fotoausstellungen)
- Estonian Museum of Applied Art and Design
- Niguliste Museum (Sakralkunst)
- Banned Books Museum
- Kalamaja Museum
- Kiek in de Kök
- Estnisches Architekturmuseum
- Tallinn Museum of Orders of Knighthood

In die Oper oder ins Theater gehen
Tallinn hat mehrere Theater, die praktischerweise direkt nebeneinander liegen: die Estnische Nationaloper, das Schauspielhaus und die Konzerthalle.
Ich war in der Oper und habe mir eine Ballett-Opern-Kombo aus Strawinskys Pulcinella und Ravels Spanischer Stunde angesehen. Ein sehr schönes Programm in einem netten Theater. Die Preise lagen zwischen 31 und 57 €.
Da ganz Estland weniger Einwohner hat als München, verwundert es nicht, dass die Nationaloper ein kleines Theater ist. Man sieht von so ziemlich allen Plätzen aus gut. Ich saß mittig im 2. Rang, 5. Reihe – alles super. Vorteil beim 2. Rang: Dieser hat eine eigene Garderobe. Parkett und 1. Rang teilen sich hingegen die Garderobe im Erdgeschoss.

Was ist eine gute Reisezeit für Tallinn?
Ich war im Februar 2025 in Tallinn und Riga. Das ist nicht die ganz ideale Reisezeit, so rein wettertechnisch betrachtet. Der große Vorteil: Es sind kaum Touristen unterwegs. Der große Nachteil: Es kann wirklich eiskalt werden mit Temperaturen von unter -20 °C.
Angenehmer ist sicher der (Früh-) Sommer, wenn Du Dich auch besser draußen aufhalten kannst. Im Juni sind die Tage zudem sehr lang – weiße Nächte. Da Tallinn aber ziemlich weit nördlich liegt, ist das Wetter einfach total unberechenbar, auch im Sommer.
Im Dezember gibt es in Tallinn einen schönen Weihnachtsmarkt.
Anreise nach Tallinn
Von München und anderen deutschen Städten aus fliegt Air Baltic an bestimmten Tagen nonstop nach Tallinn (oder Riga). Alternativ gibt es Umsteigeverbindungen, z. B. mit Finnair oder LOT Polish Airlines.
Von Helsinki aus kannst Du mit der Fähre anreisen. Die beiden Städte liegen nur 80 Kilometer voneinander entfernt.
Die Anreise per Zug und Bus ins Baltikum geht natürlich auch, ist aber eher was für eine ganze Reise durch die Region. Die Distanz ist schon enorm: plus minus 2000 Kilometer. Die schnellste Verbindung von München dauert laut Google etwa 24 Stunden, mit Umstieg in Berlin und Warschau. (Der Flug nach Tallinn dauert länger als der nach Barcelona.)
Flixbus hat durchgehende Busse von Berlin und Wien (und vermutlich auch von anderen Städten) bis nach Tallinn.
Verkehrsmittel in Tallinn
In Tallinn fahren Busse und Straßenbahnen. Wenn Du Dich hauptsächlich im Zentrum aufhältst, kannst Du alles zu Fuß erledigen … bzw. Du musst, denn in der Altstadt fährt kein Bus.
Die Einzelfahrt kostet im Februar 2025 nur 2 €. Die kannst Du bezahlen, indem Du Deine kontaktlose Bankkarte an den Kartenleser hältst. Das System sammelt Deine Fahrten und rechnet abends ab. Du kannst auch Tickets für mehrere Personen gleichzeitig kaufen. Das Procedere wird auf den englischsprachigen Aushängen im Bus erklärt.

Der Uber-Konkurrent Bolt wurde (genau wie Skype und Wise) in Estland gegründet und ist hier nach wie vor ansässig. Die Fahrten sind wohl sehr günstig; es war die Rede von 6 € für die Fahrt zum Flughafen.
Unterkunft in Tallinn
Altstadt oder nicht, das ist die spannende Frage.
Bei nur zwei Übernachtungen wollte ich nicht noch Ewigkeiten mit dem Bus herumgurken, sondern zentral übernachten. Andererseits war ich ziemlich abgeschreckt, weil die Bewertungen für quasi jede Unterkunft in der Tallinner Altstadt davon sprachen, wie laut es doch sei. Weil es neben vielen Unterkünften natürlich auch viele Kneipen gibt.
Und dann fand ich die Villa Hortensia. Sie liegt im „Hof der Meister“ einem Innenhof mit Kunsthandwerkerstudios. Durch die Lage ist sie sehr ruhig – der Hof wird abgeschlossen, sobald die Chocolaterie Pierre schließt; das ist spätestens um 22 Uhr. (Im Februar war allerdings so wenig los, dass sicher auch jede andere Unterkunft verhältnismäßig ruhig gewesen wäre.) Die Zimmer liegen im 1. OG (Dachgeschoss, kein Aufzug), man hat also niemanden über sich. Die Betten sind auf einer Empore, hier muss man eine (breite) Treppe hinauf.

Ich persönlich habe mich in der Villa Hortensia sehr wohlgefühlt. Es ist keine Luxusunterkunft, aufgrund der Lage im Dachgeschoss ein bisschen eng, die Einzelbetten sind sehr schmal. Aber es war sehr ruhig, sauber und einfach mittendrin.
Kurz habe ich überlegt, das Hotel Nunne zu buchen. Das liegt auch in einer ruhigen Ecke der Altstadt und wäre deutlich chicer gewesen.
Eine andere Option war das Hampton by Hilton, das auf halbem Weg zwischen Flughafen und Altstadt liegt. Die Busstation ist in der Nähe, Frühstück ist inklusive, und die Zimmer sahen auch ziemlich gut aus.
Essen
In Tallinn musst Du ganz bestimmt nicht verhungern. Du wirst allerdings einiges an Geld auf den Tisch legen müssen. Denn so richtig günstig ist es nicht.
Die estnische Küche ist ziemlich fleisch- und fischlastig. Kaviar gibt es auch ständig. Vieles erinnert an (nord-) deutsche Gerichte: Schnitzel, Schweinebraten, Sauerkraut, Matjes, etc. Italienische, asiatische etc. Lokale findest Du in Tallinn natürlich auch – aber um Pizza zu essen, musst Du ja nicht nach Estland reisen. Also konzentriere ich mich hier auf die lokale Küche. Diese beinhaltet natürlich auch viele russische Einflüsse. Kein Wunder: Von den rund 460.000 Einwohnern sind etwa 34 % russischstämmig.
Eine Liste veganer und vegetarischer Restaurants in Tallinn findest Du – natürlich – bei Happy Cow.
Frühstück
- Am frühesten scheinen in Tallinn die Filialen von Caffeine zu öffnen.
- Pulla Bakery – momentan muss man ja nur Zimtschnecken verkaufen und hat schon gewonnen 😅; diese hier sind aus Sauerteig.

- Loiri-Pagar – weniger chic als Pulla, dafür schon ab 7:30 Uhr geöffnet (am Wochenende 8:30 Uhr).
- Das Kohvik Must Puudel (Café Schwarzer Pudel) hat eine schöne Frühstücks- und Brunchkarte.
- Die Kette Reval Café hat eine Dependance in der Altstadt, die vergleichsweise früh öffnet.
Kleinere Mahlzeiten
- Das Café im Erdgeschoss von Fotografiska bietet mittags günstige Gerichte (sowie morgens gesundes Frühstück).
- Nikolay Bar-buffeé – große Auswahl an süßen und herzhaften pies, die sowohl im Ganzen als auch stückweise verkauft werden.
- SAI! – Sandwiches und Pommes. Sehr beliebt.
- Pelmen – eine Kette, die gefüllte Teigtaschen verkauft; Filialen gibt es u. a. in der Altstadt nahe des Viru-Tors und am Fressmarkt Balti Jaama Turg in der Nähe des Bahnhofs.

Was Süßes – Cafés
Tallinn ist voller Cafés. Sie haben meist das Wort „kohvik“ im Namen.
- Das Kohvik Maiasmokk ist das älteste Café in Tallinn. Neben Kaffeehauscharme und günstigem Frühstück gibt es hier auch die Kalev Marzipan-Museumsstube. Hier kann man seine eigene Marzipanfigur bemalen.
- Pierre Chocolaterie im Hof der Meister.
- Der Schokoladenhersteller Kehrwieder hat ganz in der Nähe des Rathausplatzes ein dunkles, uriges Café. Hier ist alles windschief. Den Kakao kann ich allerdings nicht empfehlen. Die Preise sind auch sehr hoch.
Schokolade
Die allgegenwärtige Schokoladenmarke in Tallinn ist Kalev. Habe ich nicht probiert, dazu kann ich also nichts sagen. Edler präsentiert sich Kehrwieder. Nachdem ich in deren Café allerdings 6 € für ein enttäuschendes Glas Kakao bezahlt hatte, war ich nicht mehr motiviert, 7 € für eine Tafel Schokolade auszugeben.
In derselben Gasse wie die Pulla Bakery liegen noch die Geschäfte Bear Farm Chocolate (vegane Schokolade) und Choco Boutique. Letztere ist ein sehr hübscher Laden, aber sehr teuer.
Sehr gut schmecken die Pralinen (Stück 1,75 €) bei Anneli Viik. Sie hat einen kleinen Pavillion im Balti Jaama Turg. Die heiße Schokolade schmeckt auch gut.

Die meiner Meinung nach beste (und definitiv günstigste) heiße Schokolade gibt es bei Chocolala. Nur 3 € und super schokoladig. Und dazu gibt es eine kostenlose Praline. Ich hatte spruce sprouts, also Fichtentriebe mit Vanillecreme, schmeckte sehr interessant und echt gut.

Abends
- Moon – im Guide Michelin, aber bezahlbar; die Besitzer betreiben auch das Kolm Sibulat.

- Im Rado wechselt die Karte täglich.
- Fotografiska hat im 6. Stock ein Restaurant mit grünem Michelin-Stern (kleine Karte, gar nicht so teuer). Eine Dachterrassenbar gibt es ebenfalls.
- Wer es mittelalterlich mag, wird z. B. bei Olde Hanse fündig. Hier sind die Bedienung absichtlich unfreundlich und man isst mit den Händen. Die Preise sind saftig.