Tempel im Regen: Sri Lanka

Von Sri Lanka, der Gewürzinsel südöstlich von Indien, hatte ich schon so viel Gutes gehört. Abwechslungsreich, Berge, Teeplantagen, Strände, Tempel, freundliche Menschen, gutes Essen …

Im Dezember 2012 flog ich los. Drei Wochen waren geplant, in denen ich die Insel von fast ganz im Norden (damals konnte man schon wieder in den Norden reisen, es war aber noch nicht ganz ungefährlich) bis zu den Stränden im Süden durchqueren wollte.

Es kam etwas anders als geplant.

Beim Landeanflug auf Colombo sagte der Pilot was von „leichten Schauern“. Das war glatt gelogen, denn in Wahrheit schüttete es wie aus Kübeln. Und so sollte das Wetter auch die meiste Zeit bleiben. Dezember war zwar Trockenzeit, das hatte aber niemand dem Wetter gesagt. Es regnete so viel, dass das halbe Land unter Wasser stand und der nationale Notstand ausgerufen wurde. Ich kann kaum glauben, überhaupt Fotos ohne Wolkenbruch zu haben.

Nach zehn Tagen brach ich die Reise ab.

Was für ein erbaulicher Auftakt, um von einer etwas beschwerlichen, aber dennoch eindrucksvollen Reise zu erzählen. 😄

Anuradhapura – in der alten Königsstadt

Die erste Hauptstadt Sri Lankas wurde schon im 4. Jh. v. Chr. gegründet und im Jahr 993 durch die Chola-Dynastie geplündert und zerstört. Heute gibt es die moderne Stadt und ein paar Kilometer entfernt die Ausgrabungsstätte. Diese zählt seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Schon die Anreise gestaltete sich schwierig. Vom Flughafen kämpfte ich mich zum Bahnhof Colombo Port durch und bestieg einen Zug, der mich nach Anuradhapura bringen sollte. Mir gegenüber saß eine junge srilankische Familie. Ob ich wüsste, dass der Zug heute nicht bis nach Anuradhapura fahre, fragte mich der Vater. Ich: äh, nein? Wegen der starken Regenfälle sei die Strecke gesperrt, wir müssten an der nächsten Station aussteigen.

Tatsächlich leerte sich der gesamte Zug. Als einzige Ausländerin weit und breit hätte ich ein ziemlich dummes Gesicht gemacht, hätte mir die Familie nicht geholfen, ein Tuktuk zu finden. Mit diesem sollte ich noch seeeeehr lange durch die Gegend fahren, bis ich bei meiner Unterkunft ankam. Denn nicht nur die Zugstrecke war gesperrt.

Unterwegs telefonierte ich mit der Besitzerin meiner Unterkunft, denn dort hatte ich mich zum Abendessen angemeldet. Das lief dann so:

Sie: „Du bist aber keine Vegetarierin, oder?“

Ich: „Doch.“

Sie: „Doch? [lange Pause] Schwein?“

Ich: 🥴 „Nein. Nur Gemüse.“

Sie, die Stimme vor Enttäuschung tropfend: „Nur Gemüse.“

Bis ich endlich ankam, war es ohnehin zu spät zum Essen. Ich wollte nur noch ins Bett.

Das Bett war bequem, das Gästehaus schön, das Essen gut – nur der Regen, der war zu viel. Der schöne Nebeneffekt dessen war allerdings, dass abends niemand auswärts essen wollte. Alle Gäste saßen an einem Tisch und unterhielten sich die halbe Nacht lang. Hier habe ich meine ersten Freunde in London kennengelernt und eine italienische Familie, in deren Agroturismo ich acht Jahre später übernachtete.

Aber vor diesen Bekanntschaften war ich noch beim Sightseeing in der alten Stadt. So gut das ging in dem Wetter. Viele meiner Fotos sind, äh, suboptimal, weil ich mich irgendwo unterstellen musste, um überhaupt fotografieren zu können.

Zumindest hatte ich keinen Anlass, mich über die Menschenmengen zu beschweren. Und so einen gewissen Charme haben die Bauwerke ja selbst im Regen.

Jaya Sri Maha Bodhi, der älteste von Menschen gepflanzte Baum (288 v. Chr.) und der Legende nach ein Ableger des Baums, unter dem der Buddha seine Erleuchtung hatte.
Thuparamaya, der älteste buddhistische Tempel in Sri Lanka.

So schön die Unterkunft auch war, leider kam man sich vor wie ein wandelnder Geldautomat. Das Abendessen war schon alles andere als günstig. Der Aufschlag für den bestellten Tuktukfahrer am Morgen war heftig, und offensichtlich hatte der Typ klare Anweisungen, keinesfalls direkte Absprachen mit mir zu treffen. Für den Transfer zu meinem nächsten Ziel, Polonnaruwa, nannte er mir einen absoluten Mondpreis. Ich lehnte dankend ab. Er rief der Besitzerin meiner Unterkunft etwas zu, woraufhin sie sich sofort an meine Fersen heftete: „You want tuk-tuk?“ Nein, sagte ich, ich führe doch lieber mit dem Bus. Daraufhin erlitt sie eine Spontanamnesie: Sie konnte sich weder daran erinnern, wo die Bushaltestelle war, noch wann der Bus fuhr. 🙄 Aber Maz und Siggi eskortierten mich am nächsten Morgen und sorgten dafür, dass ich in den richtigen Bus kam.

Polonnaruwa – noch mehr Tempel

Gemeinsam mit einem deutschen Paar, das ich im Bus kennengelernt hatte, landete ich in Polonnaruwa in einer sehr netten Unterkunft. Hier gab es jeden Morgen ein riesiges Frühstück, abends Kochdemonstrationen und dazwischen freundliche Tipps.

Irgendwann ist uns aufgefallen, dass wir uns, abgesehen von den Eiern zum Frühstück, komplett vegan ernährten.

Auch in Polonnaruwa gibt es reichlich Ruinen zu besichtigen. Ich kann mich an gar nichts mehr so richtig erinnern. Waren wir gar so kühn, den archäologischen Park mit dem Fahrrad zu erkunden?

Auf dem Weg in den Audienzsaal des Königspalasts.
Mondstein am Treppenfuß.
Polonnaruwa Vatadage; hier soll es eine Reliquie des Buddha geben.
Rankot Vihara.
Es waren übrigens nicht nur Menschen unterwegs.
Dagaba Kiri Vihara.
Schwer zu erkennen, aber das ist der Buddha von Lankatilaka.
Gal Vihara in Polonnaruwa, Sri Lanka.
Gal Vihara.

Sigiriya – bei den Wolkenmädchen

Am nächsten Tag machte ich gemeinsam mit dem Paar einen Ausflug nach Sigiriya. Wir hatten Glück, es regnete kaum. Drei Tage später saßen Maz und Siggi auf dem Löwenfelsen fest, während es um sie herum so heftig schüttete, dass sie niemals unverletzt die Treppen hinuntergekommen wären.

Bei uns schien sogar ein wenig die Sonne.

Julia Pracht vor dem Löwenfelsen in Sigiriya, Sri Lanka.

Der Hauptgrund für einen Besuch in Sigiriya ist der 200 Meter hohe Löwenfels. Auf diesem stand mal eine Festung. Heute kann man hier den Ausblick genießen.

Der Löwenfels in Sigiriya, Sri Lanka.

Aber zunächst muss man Treppensteigen.

Treppen am Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.
Menschen auf der Treppe am Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.
Ziemlich viele Treppen.

Zu den berühmten Wolkenmädchen kommt man ziemlich schnell. Damals durfte man sie noch fotografieren.

Wandmalerei Wolkenmädchen, Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.
Wandmalerei Wolkenmädchen, Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.
Wandmalerei Wolkenmädchen, Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.

Es folgen: mehr Treppen.

Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.

Und schließlich:

Ausblick vom Wandmalerei Wolkenmädchen, Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka, an einem regnerischen Tag.
Affen am Löwenfels, Sigiriya, Sri Lanka.

Kandy – im Zahntempel

Von Kandy aus wollte ich eigentlich weiter in die Berge. Wandern zwischen Teeplantagen, die berühmte Zugfahrt nach Ella … doch daraus wurde nichts. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meinen Rückflug bereits umgebucht. (Teeplantagen bekam ich Jahre später reichlich in Kerala zu sehen.)

Blick auf das Zentrum vom Kandy, Sri Lanka.
Snackverkäufer in Kandy, Sri Lanka.
Knabbereien in Kandy, Sri Lanka.
Ein Handwerker in Kandy, Sri Lanka.
Kandy, Sri Lanka.
Kandy, Sri Lanka.
Kandy, Sri Lanka.
Kandy, Sri Lanka.

In Kandy traf ich mich mit Sunimal, die ich aus München kannte, und ihrer Freundin. Das war dann doch noch mal eine andere Erfahrung, den Zahntempel mit Einheimischen zu besuchen. Zunächst mussten Lotusblüten in hinreichender Anzahl gekauft werden.

Lotusblumen am Zahntempel in Kandy, Sri Lanka.

Man merkt schon, an Details erinnere ich mich überhaupt nicht mehr. Kandy war ein entspannter kleiner Ort, allerdings musste ich hier schon einiges an Schleppern und Betrügern abwehren. Und am Abend wäre ich fast mal am anderen Ende der Stadt gelandet. Yes, yes!, hatte der Tuktukfahrer gerufen, er wisse genau, wo mein Hotel sei! Natürlich fuhr er direkt in die falsche Richtung – es gibt ein Kandy einen großen Kreisverkehr, und in die eine Richtung sind ganz viele Backpackerunterkünfte. Mein Hotel war aber in die andere Richtung ziemlich weit den Berg hinauf. Im Endeffekt musste ich ihn zwingen, im Hotel anzurufen und nach dem Weg zu fragen. Es war mir schon etwas seltsam vorgekommen, dass er meinen (niedrigen) gebotenen Preis gleich angenommen hatte …

Galle – auf der Mauer, auf der Lauer

Wenigstens ein bisschen wollte ich das Meer sehen auf dieser Reise. Ein Aufenthalt in Galle war fest eingeplant, jetzt musste ich ihn vorziehen. Im Morgengrauen bestieg ich einen Zug, der mich über Colombo an die Südküste bringen sollte.

Zuganzeigetafel in Sri Lanka.
Blick aus dem Zugfenster in Sri Lanka.
Zugfahrt in Sri Lanka.
Was man so alles aus dem Zugfenster sieht …

Problem: Wir waren zu diesem Zeitpunkt mitten in den Weihnachtsferien. Der Süden Sri Lankas war voll. Mein ursprünglich gebuchtes Guesthouse hatte mir bereits mitgeteilt, dass sie meine Reservierung leider nicht vorziehen könnten. Wenigstens konnte ich den Rucksack bei ihnen abstellen, während ich mir ein Zimmer suchte. Das war eine echte Herausforderung, denn zunächst hörte ich überall nur „sorry, no room.“ Leider auch in dem sehr schönen Privathaus, in dem ich vorgesprochen hatte in der Annahme, es sei ebenfalls ein Guesthouse. Ups! 😅 (Der Hausherr war sehr freundlich, wir haben uns später noch mal sehr nett unterhalten, als wir uns auf der Straße trafen.)

Und schließlich fand ich ein Zimmer in einem Guesthouse, das nicht im Lonely Planet stand. Da war es echt schön.

Blick in ein Zimmer in einem einfachen Guesthouse in Galle, Sri Lanka.

Galle ist bekannt für seine ramparts, also Stadtmauern, und enttäuschte nicht. Ich fand den Ort sehr atmosphärisch.

Befestigungsmauer und Leuchtturm in Galle, Sri Lanka.
Alltagsszenen in Galle, Sri Lanka.
Sonnenuntergang in Galle, Sri Lanka.

Ein für mich wichtiger Grund, nach Galle zu kommen, war außerdem, dass ich dort einen Juwelier gefunden hatte. Ich hatte damals einen kaputten Armreif, den ich reparieren lassen wollte. In München hatte ich einen Kostenvoranschlag über 400 € bekommen. In Galle kostete es nur 50 €, und darin war auch die Umarbeitung eines Rings inbegriffen.

Der Eigentümer und ich hatten im Vorfeld schon alles per E-Mail geklärt, jetzt stand ich nur früher als erwartet auf der Matte. Aber kein Problem, das Geschäftliche war schnell geklärt, ich sah mich noch im Laden um, er unterhielt sich mit seiner Frau … und eröffnete mir dann, sie wollten mich gerne am nächsten Morgen zum Frühstück einladen. Aber nein, sagte ich; aber ja, sagte er. Und da ich mit keinen weiteren Einladungen in ein Privathaus rechnete, sagte ich dann natürlich gerne zu.

Straßenszenen in Galle, Sri Lanka.
Morgens in Galle.

Das war auch ein echtes Erlebnis. Der Shop sah eigentlich nicht nach viel aus, aber wenn man nach hinten durchging, kam man ins Wohnhaus. Und das war dann ziemlich groß. Es gab offensichtlich mehrere Hausangestellte, der Tisch bog sich unter dem ganzen Essen, und alles schmeckt super. Roten Reis mit Kokosnuss hatte ich noch nie gegessen. Und seitdem leider auch nicht mehr.

Detail eines Wohnhauses mit bepflanztem Balkon in Galle, Sri Lanka.

Der Schmuck wurde übrigens auch super.

Adieu, Sri Lanka – was bleibt?

An meinem letzten Tag fuhr ich nach Colombo. Von der Stadt selbst habe ich leider nichts gesehen. Zum Abschied und Abendessen wollte ich mich nochmal mit Sunimal treffen. Sie schlug ein 5*-Hotel vor. Ich hätte mir ja ein bisschen was Typischeres gewünscht, aber das Essen war wirklich sehr gut.

Thali mit dosa, Colombo, Sri Lanka.

Es bleiben die Erinnerungen an derart starken Regen, dass man dachte, das Haus schwimmt gleich weg. An meist klamme Kleidung. An einen Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen, der, seinem, äh, unkonventionellen Fahrstil nach zu urteilen, gerade erst aus dem Dorf in die Stadt gezogen war. An eine beinahe eingetretene Toilettentür in einem Einkaufszentrum, weil die Dame nicht glauben wollte, dass die Toilette tatsächlich besetzt sei.

Ebenso bleiben Erinnerungen an einen Fahrer, der extrem stolz auf sein brandneues Bob-Marley-Tuktuk war, an Muslime, die sich gegenseitig vor einem Weihnachtsbaum fotografierten, an sehr freundliche Menschen und einen Urlaub, der ruhig länger hätte dauern dürfen.

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Kategorisiert in Asien

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