2 Tage in Riga

2 Tage in Riga

Auf meinem Kurztrip ins Baltikum habe ich zwei Tage in Tallinn verbracht (Fotos gibt es hier: Nach Tallinn und Tallinn Tag 2). Am dritten Tag bin ich abends in Riga angekommen (Von Tallinn nach Riga). Auch hier verbringe ich (knapp) zwei Tage und habe gleich festgestellt: Hier sieht es ganz anders aus als in Estland. Es fühlt sich auch anders an.

Tag 1: Stadtführung und viel Schnee

Am Vorabend habe ich es nur noch zum Abendessen geschafft. Nun bin ich ausgeschlafen. Riga hingegen schläft noch. Es ist ja auch Sonntag.

Außerdem schneit es.

Die Vorschriften zum Schneeschippen scheinen in Riga anders zu sein als in München. 😉 Geräumt ist so gut wie nichts. Tricky, wenn dann im Kopfsteinpflaster gerne mal ein Stein fehlt. (Das gab es in Tallinn nicht, oder lag da einfach so viel Schnee, dass es gar nicht auffiel? 🤔) Vorsichtig eiere ich zum Frühstück in der Bäckerei Mikla. Hier gibt es optisch sehr attraktives Gebäck zu gehobenen Preisen.

Das Croissant ist leider ziemlich trocken. Immerhin schmeckt der Kakao. Am Nebentisch zwei, die ihr Insta deutlich ernster nehmen als ich: Der gesamte Laden wird abgefilmt, das Gebäck mit der Handtasche in Szene gesetzt.

Bis zu meiner Stadtführung um 11 Uhr ist noch Zeit. Also laufe ich ein bisschen durch die Straßen. Es ist noch sehr ruhig, die meisten Geschäfte öffnen erst um 11 Uhr. Allerdings beschallen diverse Kneipen die Straße mit lauter Musik. Kein Problem mit den Nachbarn, denn nur 20 % der Altstadt werden zum Wohnen genutzt. Um der Kälte zu entkommen, betrete ich den einzigen bereits geöffneten Souvenirladen. Oh je. Kitsch as kitsch can. Besser weiter draußen umsehen. Zum Glück sind die Fassaden hier bunt.

Offener Platz in Rigas Altstadt = Zerstörung aus dem zweiten Weltkrieg.
Selfie du jour.
Riga mittelalterlich – die Bremer Stadtmusikanten – Jugendstil in der Altstadt.

Treffpunkt für die Stadtführung „Old Riga Free Tour“ ist das Haus mit den Katzen auf dem Dach, eines der bekanntesten Gebäude der Stadt. Daran bin ich schon mehrfach vorbeigelaufen, ohne die Katzen zu bemerken, wie ich feststellen muss. Peinlich. Naja. Der Schnee fällt inzwischen aber auch schon so dicht, dass man eh kaum etwas sieht. Bis Mittag kommen etwa 10 cm runter.

Der Besitzer des Hauses hatte die Katzen wohl ursprünglich andersrum aufgestellt. Dadurch reckten sie dem Haus gegenüber das Hinterteil entgegen. Dort war die Gilde, die ihn nicht aufnehmen wollte, ansässig. Man einigte sich dann doch recht schnell auf eine Aufnahme.

Schon am Vorabend hatte ich in der Altstadt den Eindruck, dass deutlich mehr Leute unterwegs waren als in Estland. Nach Riga gibt es einfach mehr und günstigere Flüge als nach Tallinn. Der Eindruck bestätigt sich heute voll und ganz: Waren wir in Tallinn bei der Führung zu zweit, haben sich hier etwa 40 Personen versammelt. (Die beiden aus der Bäckerei sind auch dabei.) Wir werden in zwei Gruppen aufgeteilt und gehen mit Toms los.

Es schneit … und schneit … und schneit.

Wir sehen, mehr oder minder gut vor lauter Schneeflocken, unter anderem:

Den Dom.

Der Platz um den Dom herum war früher dicht bebaut. Dann ließ der Diktator, der während der ersten Unabhängigkeit das Land regierte, die Häuser abreißen, um von einem Balkon zu den Massen sprechen zu können. Heute stehen hier Lkws herum: Es wird gedreht. Angeblich ist Jude Law in der Stadt. Er spielt den jungen Wladimir Putin. „Hopefully you won’t meet real Putin in Riga“, knurrt Toms. Das hoffe ich auch.

Das einzige erhaltene Stadttor Rigas. Das Kopfsteinpflaster in der Gasse besteht wohl aus Ballaststeinen der Schiffe, die hier anlegten.
Die drei Brüder, Gebäude im gotischen, Renaissance- und Barockstil.
Das Schwarzhäupterhaus. Eine Gilde, die nur unverheiratete Männer aufnahm. Es gab wohl wilde Parties.
Die Petrikirche. Man kann den Turm besteigen und hat wohl einen tollen Blick über Riga.

Und was Neues gelernt: Eine Befestigung, wie z. B. eine Stadtmauer zur Verteidigung, ist ein bulwark – oder Bollwerk. Wenn diese abgetragen wird, heißt die daraus resultierende Straße boulevard. Also, meint Toms, dürfe eine Straße, die nichts mit einer Befestigung zu tun hat, eigentlich gar nicht boulevard heißen.

Nach zwei Stunden kommen wir in der Nähe des Freiheitsdenkmals an. Das steht aber eher zufällig im Bild, denn eigentlich wollen alle nur den Stadtnamen fotografieren. 😉

Mir ist inzwischen nur noch kalt. Zum Glück ist die Galerija Centrs nicht weit. Dort gibt es im obersten Geschoss nicht nur kostenlose Toiletten, sondern auch einen food court mit einem georgischen Café und schönem Ausblick.

Chinkali with a view.

Inzwischen lacht die Sonne. Also gilt es, die Gunst der Stunde zu nutzen und die Jugendstilarchitektur genauer anzusehen, für die Riga so bekannt ist. In der Altstadt stehen nur etwa zwanzig Jugendstilhäuser. Etwa 15 Minuten Fußweg entfernt, besonders in der Alberta iela, gibt es deutlich mehr – insgesamt sind es wohl rund 800 Gebäude. Seit 1997 gehört Riga deshalb zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Eindeutig kein Sozialbau. Hier sind auch einige Botschaften angesiedelt.

Alle 800 Gebäude werde ich nicht ansehen, aber die Alberta iela ist schon sehr beeindruckend. Jetzt ist mir nach noch mehr Ästhetik …

… und Wärme, denn so schön es ist, es ist auch echt kalt …

… also laufe ich zurück in die Stadt und gehe ins Museum für dekorative Kunst und Design. Hier läuft gerade eine Sonderausstellung baltischer Glaskünstler*innen …

… neben der Dauerausstellung zu lettischem Design. Alles ist in einer ehemaligen Kirche untergebracht, die wohl „das älteste erhalten gebliebene gemauerte Gebäude in Riga ist“.

Das ist alles ganz interessant, aber trotzdem nicht abendfüllend. Hatte Toms nicht erzählt, dass im Āgenskalns-Markt gerade ein Käsefestival sei? Das klingt doch gut. Der Āgenskalns-Markt ist eine Markthalle auf der linken Seite der Düna. Mit der Tram ist man in etwa 15 Minuten dort.

So schön ruckelt die Tram in München nicht mehr durch die Stadt. Und auch nicht so günstig: 90 Minuten freie Fahrt für 1,50 €. Die Tageskarte kostet nur 5 €.

Die Markthalle liegt in einem Stadtteil, der jetzt nicht wie ein Armenviertel wirkt. Sie ist tipptopp renoviert und von außen und innen wirklich sehr schön.

Leider komme ich erst um 17 Uhr an, als im Erdgeschoss schon alle Stände schließen. Ich schaffe es gerade noch, mich kurz umzusehen – von einem Käsefestival keine Spur. Aber im Obergeschoss sind lauter Cafés angesiedelt. Hier bekomme ich auch das bislang günstigste Essen dieser Reise bekommen: zwei große Reiberdatschi mit Sauerrahm bzw. Preiselbeeren.

5 €, Dill gibt’s kostenlos dazu. 🙄
Romantisch, wenn es nicht so kalt wäre: an der teilweise vereisten Düna.

Tag 2: Essen

Mein Rückflug geht um 17 Uhr. Zum Glück ist mein Apartment nicht gleich wieder gebucht, sodass ich es netterweise bis zum Nachmittag nutzen kann. Leider sind am Montag alle Museen in Riga geschlossen. Wie soll ich nur den Tag rumkriegen? 😱

Erstmal Frühstück. Über Nacht hat es zwar nicht weiter geschneit, aber es liegt noch genug Schnee, um ungemütlich zu sein. Ich beschließe, zu LOWINE zu gehen. Die sind nur etwas teurer als die Bäckerei vom Vortag, werden aber im Guide Michelin erwähnt. Und ich sehe einen Stadtteil, den ich noch nicht kenne. In der Altstadt scheint es außerhalb der Hotels nur wenig Frühstücksmöglichkeiten zu geben – zumindest vor 11 Uhr. Kein Wunder, wenn sich hier hauptsächlich Touristen aufhalten.

1,2 km Fußweg, die sich gelohnt haben. So eine Art Eggs Benedict auf Rösti. Sehr lecker.

Ein Grund, warum ich den Weg zu Fuß gegangen bin: In der Altstadt fährt kein Bus und keine Tram. Ich hätte zehn Minuten zur Haltestelle gehen müssen, um eine Station zu fahren und dann noch mal fünf Minuten zu gehen. Da kann ich auch gleich ganz laufen.

Ebenso verhält es sich mit der Strecke zu meinem nächsten Ziel. Unterwegs komme ich erneut am Friedensdenkmal und dem RIGA-Schriftzug vorbei.

Heute muss ich nur kurz warten, um ein menschenfreies Foto zu bekommen.

Was hat es eigentlich mit der Katze auf sich? Die Katze ist aus dem lettischen Animationsfilm Flow, der einen Golden Globe gewonnen hat und in zwei Kategorien für den Oscar nominiert ist. Man ist sehr aufgeregt in Lettland deswegen. Die ganze Stadt ist gepflastert mit Filmplakaten.

Ich gehe weiter zum Zentralmarkt. Dieser ist auf der anderen Seite des Busbahnhofs; bei der Ankunft habe ich schon die Hallen gesehen. Vor dem Markt treffe ich ein Paar wieder, das gestern auch auf der Stadtführung war. Wir quatschen über Riga, London und Stadtführungen.

Der Markt ist in ehemaligen Zeppelinhangaren aus dem ersten Weltkrieg untergebracht und ist einer der größten Märkte Europas.

Normalerweise schieben sich hier Menschenmassen durch. Aber heute ist Montag, da ist es ruhig. Viele Stände sind geschlossen. In den vier Hallen gibt es alles, was das Herz begehrt: Fleisch, Fisch, Gemüse, Käse, Haushaltswaren, Souvenirs, … Und mit die größten Granatäpfel, die ich in Europa je gesehen habe.

Es gibt eingelegtes Gemüse in allen Formen und Farben …
… natürlich Fleisch in rauen Mengen …
… Töpfe und sonstige Haushaltswaren …
… und wer die Pelzmütze vergessen hat, kann sich hier ebenfalls eindecken.

Einen food court gibt es übrigens auch. Hier isst man sehr günstig. In einem usbekischen Café gibt es sogar Plov. Ich habe ja kurz überlegt … Aber dann doch lieber lokal gegessen. Die pies waren geschmacklich gut, die Pfannkuchen sehr lecker. Die dumplings sahen auch sehr gut aus, aber dafür war kein Platz mehr. 😅

Schließlich habe ich genug vom Markt und kehre zurück in die Innenstadt. Zwei Souvenirläden suche ich noch auf – der letzte, SENĀ KLĒTS, gefällt mir am besten. Statt dem üblichen Kitsch liegt hier eine ungeheure Fäustling-Sammlung aus. Die Letten sind ja bekannt für ihre Strickmuster. Die Fäustlinge sind leider wieder richtig teuer … gibt es auf Etsy deutlich günstiger 🤫 (zum Beispiel bei KnittedgoodsLV, unbezahlte Werbung, da habe ich auch schon mal bestellt).

Die Landkarte zeigt, wo traditionell welches Muster gestrickt wird.

Jetzt habe ich keinen Nerv mehr und gehe zurück in meine Wohnung. Unterwegs stelle ich fest, dass offenbar das Besatzungsmuseum als einziges in Riga am Montag geöffnet ist. Mist, das hätte mich ja schon interessiert! Jetzt ist es leider zu spät. Beim nächsten Mal …

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